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Gegenzeichnung der Ausfertiigungsurkunde übernimmt, erstreckt
sich aus den gleichen Gründen, wie sie oben (S. 60f.) bezüg-
lich der Anordnungen des Kaisers zur Einbringung von Bundes-
ratsvorlagen in den Reichstag dargelegt worden sind, nicht auf
die materielle Seite des Gesetzes, sondern nur darauf, dass
die verfassungsmässigen Voraussetzungen einer gültigen Aus-
fertigung vorhanden waren. In gleicher Weise ist hier analog
anzuwenden, was oben über die in die Form eines Entlassungs-
gesuches gekleidete Weigerung der Kontrasignatur gesagt wurde,
mit der einzigen Modifikation, dass hier neben dem Bundesrat
auch der Reichstag bei unrechtmässiger Weigerung der Kontra-
signatur klagberechtigt wäre. Demnach würde die Weigerung
der Ausfertigung eines von Bundesrat und Reichstag angenom-
menen Gesetzentwurfes ein viel gefährlicheres politisches Experi-
ment sein, als die Unterlassung der Einbringung einer Bundes-
ratsvorlage in den Reichstag; denn schwerlich würde der Reichs-
tag in solchem Falle von seinem verfassungsmässigen Rechte,
die Ausfertigung zu fordern, auf gütlichem Wege abstehen. Es
ist auch meines Wissens der Fall verweigerter Ausfertigung eines
Reichsgesetzes noch nicht praktisch geworden, während der andere
Fall sich bereits wiederholt hat.
Für die dem Kaiser aus Art. 17 neben der Ausfertigung
noch zustehende Verkündigung der Reichsgesetze schreibt Art. 2
R.-V. eine bestimmte Form vor, ohne deren Einhaltung der
Kaiser ebensowenig wie ein anderer Faktor des Reichsgesetz-
gebungsverfahrens einem Gesetzentwurfe verbindliche Kraft zu
verschaffen imstande ist: Verkündigung von Reichswegen ver-
mittelst eines Reichsgesetzblattes, welches in Berlin ausgegeben
werden muss. — Der Zweck der Verkündigung, die Rechtsver-
bindlichkeit der Gesetze herbeizuführen, verlangt, dass aus ihrer
Form erhellt die Thatsache des Erlasses und der Inhalt des
neuen Gesetzes, analog wie bei der Ausfertigung; diesem Er-
fordernis wird im Deutschen Reiche genügt dadurch, dass die