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werden‘“‘, dann unterliegt sie insofern zweifellos der Beschluss-
fassung von Bundesrat und Reichstag”.
Wenn nun in der Praxis des Deutschen Reiches in An-
schluss an das in Preussen herkömmliche Verfahren die Ein-
gangsformeln der Gesetze dem Bundesrate und dem Reichstage
unterbreitet werden, so ist hierin nur eine „Mitteilung über die
beabsichtigte Fassung“ zu sehen, durch welche den beiden den
Reichsgesetzgebungswillen bildenden Faktoren Gelegenheit ge-
geben werden soll, etwaige Bedenken zu äussern (DYRoFF, An-
nalen 1889, S. 861); keineswegs darf aus dieser Praxis, wie
JELLINEK (Gesetz und Verordnung $S. 332) es will, auf ein Ge-
wohnheitsrecht geschlossen werden, kraft dessen die Mitwirkung
des Bundesrates und des Reichstages sich auch auf die Eingangs-
formel der Reichsgesetze erstrecken würde.
Vielfach ist es als ein Grundsatz des konstitutionellen
Staatsrechts hingestellt, dass in der Eingangsformel der Gesetze
der erfolgten Zustimmung der Kammern ausdrücklich Erwähnung
gethan werde*”. Man hat diesen Grundsatz entsprechend in das
deutsche Reichsstaatsrecht übertragen und behauptet, bei der
Ausfertigung und Verkündigung der Reichsgesetze müsse not-
wendig der erfolgten Zustimmung von Bundesrat und Reichstag
gedacht werden, sodass in dieser Hinsicht die dem Kaiser aus
# Vgl. z. B. Gesetz, betr. die Erhebung einer Abgabe von der Brannt-
weinbereitung in den hohenzoll. Landen vom 4. Mai 1868; Gesetze wegen Be-
steuerung des Braumalzes in verschiedenen zum nordd. Bunde gehörenden
Staaten und Gebietsteilen vom 4. Juli 1868.
#7 So hat der Reichstag z.B. Ueberschrift und Eingangsformel des Gesetzes
betr. die Besteuerung des Brantweins etc. vom 8. Juli 1868, und die des Gesetzes
betr. die subsidiarische Haftung des Brennereiunternehmers etc., vom 8. Juli
1868, geändert.
4 So GERBER, Grundzüge 1. Aufl. S. 143; v. Rönne, Pr. Str., 4. Aufl. I
S. 364 N. 2; Zeitschr. f. deutsches Staatsrecht I S. 401f., Rstr. II,1 S. 52f.;
ZoRn, Zeitschrift f. d. ges. Staatswissensch. XXX VI S. 36f.; anderer Ansicht
Zeitschr. f. deutsches Staatsrecht I S. 188ff. (E. A. Car. v. STOCKMAR) und
ibid. S. 256 (Joun).