Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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verordnen“ spricht, die Sanktion zuschreiben®®; denn er handelt 
hierbei in Ausübung einer verfassungsmässigen Pflicht. Wenn 
auch der Satz, dass die Sanktion frei sein müsse, aus der Mon- 
archie abstrahiert ist, so gilt er doch über das monarchische 
Staatsrecht hinaus. Denn nicht nur die Behauptung der Frei- 
heit der Sanktion, sondern der ganze Begriff der Sanktion ist 
aus der Monarchie abstrahiert; will man daher diesen Begriff 
auf das Staatsrecht nichtmonarchischer Staaten übertragen, so 
hat man seine sämtlichen wesentlichen Merkmale mitzuüberneh- 
men, zu denen in erster Linie das Merkmal der Freiheit ge- 
hört5152, — Vollends unmöglich ist es endlich, mit BORNHAK 
die Verpflichtung des Kaisers zur Verkündung der Reichsgesetze 
aus dem Grunde zu leugnen, weil die Faktoren der Reichsgesetz- 
gebung durch stete Anerkennung der jetzt gebräuchlichen Ein- 
gangsformel der Gesetze ein das Nichtbestehen einer solchen 
Verpflichtung enthaltendes Gewohnheitsrecht begründet hätten; 
denn einmal ist die Eingangsformel der Reichsgesetze mit der 
Verpflichtung des Kaisers vereinbar, und dann haben im Laufe 
5° Dies wollen BorNnHAaK a. a. O. S. 465ff., und bes. FRICKER a. a. O. 
8. 35f. — Zweideutig ist es auch, wenn v. RönNE, Rstr. I S. 230, sagt, dem 
Kaiser stünde regelmässig nicht das Recht zu, die Sanktion zu verweigern. 
5ı Allerdings lassen einzelne monarchisch konstruierte Verfassungen die 
Möglichkeit, dass auch gegen den Willen des Monarchen ein Gesetz entstehe; 
doch wird in solchen Fällen der Monarch nie zur Sanktion gezwungen, 
sondern von der Sanktion ganz abgesehen. S. bes. $ 79 des geltenden nor- 
wegischen Grundgesetzes, Jahrb. f. Gesetzgebung etc. N. F. VII S. 1240. 
52 Ep. HrıLrron, Das Gemeine Privatr. des deutschen Reichs I 2, 2. Aufl. 
8.137 N. 4, weist darauf hin, dass es in der Eingangsformel der Reichsgesetze 
heisse: „nach erfolgter Zustimmung des Bundesrates und des Reichtages“, 
in der Verkündigungsformel der preuss. Gesetze dagegen: „mit (oder unter) 
Zustimmung beider Häuser des Landtages“; hierin käme zum Ausdruck, dass 
im Reich der Kaiser die an sich schon durch die Uebereinstimmung von 
Bundesrat und Reichstag entstandenen (Gesetze nur zu publizieren habe, 
während in Preussen der König als die Gesetze sanktionierend auch in deren 
Eingangsformel erscheine. Indes glaube ich, dass dem von HEILFRoN be- 
merkten Umstande besondere Absicht nicht unterliegt und dass ihr darum 
Bedeutung auch nicht beizumessen ist.
	        
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