Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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wie die Eröffnung unter der inkorrekten Formel „im Namen der 
verbündeten Regierungen“ 5%, 
Den Beschluss, den Reichstag aufzulösen, fasst der Bundes- 
rat, in der Weise aber, dass der Kaiser gegen diesen Beschluss 
das Recht des Veto hat (Art. 24). Dieses Vetorecht steht dem 
Kaiser als solchem zu, nicht etwa in seiner Eigenschaft als König 
von Preussen, wie SEYDEL (Kommentar S. 205) behauptet. Der 
Kaiser führt den Auflösungsbeschluss aus®”. Im Falle der Auf- 
lösung des Reichstages hat der Kaiser innerhalb eines Zeitraumes 
von 60 Tagen Neuwahlen vornehmen zu lassen und innerhalb 
eines Zeitraumes von 90 Tagen den neuen Reichstag zu ver- 
sammeln (Art. 25). Demnach darf der Kaiser einen neugewählten 
Reichstag nicht auflösen, bevor dieser zum ersten Male versammelt 
worden ist®®, 
3. Hiermit ist die Reihe der Beziehungen, in welche das 
Recht der Verfassungsurkunde den Kaiser zum Reichsgesetz- 
gebungsverfahren setzt, erschöpft. Es ist nicht zu leugnen, dass 
der Kreis der Befugnisse, welche dem Kaiser als solchem an der 
Gesetzgebung durch die Gründer des Reiches zugedacht worden 
Kaiser berufen ist und eine aus der Initiative einer der verbündeten Regie- 
rungen hervorgegangene Gesetzesvorlage angenommen hat, der Kaiser nunmehr 
den Reichstag berufen muss, um diesem die vom Bundesrate angenommene 
Vorlage zu unterbreiten. Auf diese Weise vermögen also auch die verbündeten 
Regierungen die Berufung des Reichstages zu erzwingen. 
5 Vgl. z. B. Sten. Ber. des Reichstages, 4. Leg.-Per. 4. Session 1881, 
Bd. I S.2 und 4. Session 1882, Bd. II S. 1786; in der an diesem Orte ab- 
gedruckten allerhöchsten Botschaft hatte der Kaiser den Staatminister v. Böt- 
ticher ermächtigt, die Sitzungen des Reichstages in seinem (des Kaisers) und 
der verbündeten Regierungen Namen zu schliessen, gleichwohl geschah die 
Schliessung lediglich im Namen der verbündeten Regierungen. 
57 Die gelegentlich von Bismarck im konstituierenden Reichstage (Sten. 
Ber. S. 893,2) geäusserte Ansicht, das preuss. Ministerium könne, wenn 
es sich den übereinstimmenden Beschlüssen des Bundesrates und des Reichs- 
tages nicht fügen wolle, durch das Präsidium eine Auflösung des Reichstages 
extrahieren, ist richtig widerlegt von HıERSEMENZEL (Verf. 8. 66). 
5 Vgl. SexoeL, Kommentar $, 206; Tuupıchum, Verfassungsrecht 8. 166,
	        
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