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jenigen Akte des (Gresetzgebungsverfahrens, welche auf die Er-
zeugung der Rechtsverbindlichkeit des neu gebildeten Staatswillens
hinzielen, gehören in der konstitutionellen Monarchie regelmässig
zur ausschliesslichen Kompetenz des Monarchen. Die Mitwirkung
der Volksvertretung an dem Gesetzgebungsverfahren beschränkt
sich auf die Bildung des staatlichen Gesetzgebungswillens, indem
Monarch und Volksvertretung gemeinsam den gesetzgeberischen
Willen des Staates bilden, und zwar in der Weise, dass beider
Anteil hieran vom staatsrechtlichen Gesichtspunkte aus
materiell ein vollständig gleicher ist. Dies gilt selbst da,
wo dem Monarchen das Recht der „Sanktion* zukommt; denn
die Bedeutung der Sanktion besteht nur darin, dass in ihr der Ab-
schluss der Bildung des gesetzgeberischen Gesamtwillens des
Staates zum Ausdruck kommt. Ein Gesetz kann, wenn es sich
überhaupt um eine wahre konstitutionelle Monarchie handelt,
ebensowenig ohne oder gegen die Zustimmung der Volksver-
tretung als ohne oder gegen die Zustimmung des Monarchen
zustandekommen; demnach ist ein materieller Unterschied zwischen
der Zustimmung der Volksvertretung und der des Monarchen
hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Bildung des Staatswillens
nicht erfindlich. Mag immerhin die Absicht der Urheber der
Verfassung oder die in der geschichtlichen Entwicklung un-
ausgesprochen zu Tage tretende Tendenz darauf gerichtet gewesen
sein, dem Monarchen mit der Sanktion nur ein absolutes oder
suspensives Veto oder umgekehrt das Recht, allein den gesetz-
geberischen Beschluss zu fassen (Art. 57 der Wiener Schlussakte!),
oder endlich die gleiche rechtliche Stellung wie der Volksvertretung
bezüglich der Bildung des Staatswillens einzuräumen ®®, all dies ist,
wofern nur Monarch und Volksvertretung beide die Stellung un-
mittelbarer Staatsorgane einnehmen, nicht von materiellstaatsrecht-
licher, sondern lediglich von historischer und politischer Bedeutung.
68 Diese dreifache Möglichkeit der Bedeutung der Sanktion behauptet
z. B. Hazxeı, Stud. II 8. 150f.