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den Anträgen auf Ermässigung und denen auf gänzliche
Befreiung ($ 1), zwischen gänzlicher Uebergehung und zu
geringem Ansatz (8 5) machen will, bis zum Kommunal-
abgabengesetz, das die Heranziehung überhaupt wie die
spezielle Veranlagung der Klage unterwirft, die Steuergesetz-
gebung die gleichen Rechtsmittel gewährt für die Fälle der
Reduktion des Steuersolls um einen Theilbetrag oder den Ge-
sammtbetrag. 2. Dass von Anfang bis zu Ende bei ihrer Aus-
drucksweise die Steuergesetzgebung annimmt, der Steuerpflichtige
werde sein Interesse auf eine Minderung, nicht eine Mehrung
seiner Steuerentrichtung stellen. Die Kernfrage, ob eine Nicht-
heranziehung bezgl. steuerfreie Veranlagung einen nicht be-
sonders hervorgehobenen Spezialfall der Heranziehung
bezgl. Veranlagung, oder aber etwas davon ganz Verschiedenes,
nämlich die Frage nach der Steuerpflicht an sich und im
Prinzip darstelle — wird von der Urtheilsbegründung auch nicht
einmal angeschnitten. Sie klebt durchaus am Worte.
GNEIST sagt einmal — es war in der 46. Sitzung des
Abgeordnetenhauses vom 19. April 1888 —: „Wir machen
die Erfahrung fast täglich, dass wir mit unseren Verwaltungs-
gesetzen nur zu leicht in Verwirrung und endlose Zweifel
kommen, wenn wir nicht ablegen wollen die Gewohnheiten
der ordentlichen Gerichtshöfe, die Gesetze so auszulegen, wie
man die einzelnen Paragraphen eines Bürgerlichen Gesetzbuchs
mit einander kombinirt, während diese Methode für zusammen-
hängende Institutionen des öffentlichen Rechts unzureichend
und geradezu unzulässig ist... Wir können Verwaltungsgesetze
niemals auslegen ohne Hinblick auf die Zwecke des Gesetzes,
auf die ratio legis, die sich in Verwaltungsgesetzen zwingender
geltend macht, als wir es gewohnt sind im Civil- oder Strafrecht.“
Welches ist der Zweck der Steuergesetze hinsichtlich der
Rechtsmittel? Offenbar der, dem Steuerpflichtigen eine Ga-
rantie für eine den thatsächlichen Verhältnissen entsprechende,
richtige steuerliche Behandlung. zu gewähren. Niemand zahlt
gern zu viel; zuweilen zahlt aber auch Jemand nicht gern zu
wenig. Hat es nun in der Absicht schon des Gesetzgebers von