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Verhältnis mit allen auf Gold aufgebauten Währungen in fast paralleler Be-
wegung sich geltend machte. Es war längst bekannt, dass zwischen Ländern
mit gleichartigen metallischen Valuten die Diskontsätze von Einfluss auf die
Wechselkurse sind. KAaLKMaAnN stellt fest, dass auch zwischen Ländern mit
ungleichen Währungssystemen eine solche Einwirkung der Differenzen des
Privatdiskonts besteht. Aus den Devisen London und Wien vom Dezember
1893 bis März 1894 erbringt er einen geradezu eklatanten Beweis für die
Richtigkeit der angenommenen Wechselbeziehung. Damit wird die Annahme
widerlegt, dass die österreichische Valuta eine isolierte sei, weil ihre Wert-
bewegung nicht vom Gold abhänge. Durch den verschiedenen Privatdiskont
entstehen Kapitalströmungen von Land zu Land, die besonders dadurch er-
leichtert werden, dass infolge der Ausbildung des Depositenwesens stets grosse
Mengen leichtbeweglichen Kapitals vorhanden sind, die nur auf den Moment
lauern, um dahin auszuwandern, wo sie eine günstigere Anlage finden. Je plötz-
licher diese Kapitalströmungen auftreten, desto grössere Aufgaben erwachsen
der Diskontpolitik der einheimischen Centralbank. Sie muss, wenn sie Gold-
ausfuhr unterbinden will, verhindern, dass im Auslande eine höhere Renta-
bilität der Kapitalien fremde Summen anlockt, d. h. sie muss das ausländische
Kapital, indem sie ihm eine gleich gute Rentabilität verschafft, sesshaft machen.
Das erreicht sie aber nur durch hohe Diskontsätze. Nur so sichert sie sich
ihre mühsam angesammelten Goldvorräte. Das praktische Resultat der sehr
interessanten, einleuchtenden und durch eine Reihe von graphischen Dia-
grammen unterstützten Studie KALKMANN’s ist also das, dass er verlangt, dass
die Centralbank sich unter Umständen und rasch zu einer kräftigen Diskont-
erhöhung entschliesst, so wenig beliebt eine solche Massregel in Oesterreich
auch sein mag. Man bekrittelt vielfach in Oesterreich die Diekontmassnahmen
der deutschen Reichsbank. Sehr zu unrecht. Ihre Diskontpolitik ist rück-
sichtsloser als die österreichische, dafür aber auch erheblich erfolgreicher.
Greifswald. M. Biermer.
Cohn, Gustav, Nationalökonomie des Handels und des Verkehrs-
wesens. llII. Bd. des System der Nationalökonomie. Stuttgart,
F. Enke, 1898. 1030 S. 8°. M. 24.—.
Es hat neun Jahre gedauert, bis von dem gross angelegten Werk des
Göttinger Nationalökonomen, das bei seinem Erscheinen mit ungeteiltem
Beifall aufgenommen worden ist, ein weiterer, dritter Band erschien. Dieser
neue Band weist alle Vorzüge seiner Vorgänger auf. Die Darstellung ist
geschmackvoll, gediegen, durchsetzt mit geistvollen Bemerkungen und erfüllt
von dem Grundgedanken, dass aller Fortschritt in der Geschichte nur auf
einer Verwirklichung sittlicher Probleme beruht. Gustav Conn ist kein
Utopist; er ist nicht nur Psychologe und Historiker; er kennt auch die