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Der Parlamentär verliert sein Recht auf Unverletzlichkeit,
sobald ihm durch unwiderlegliche Thatsachen (d’une mani£tre
positive et irrecusable) nachgewiesen ist, dass er seine privilegirte
Stellung dazu missbraucht hat, um eine Verrätherei zu veranlassen
oder selbst zu begehen (Art. 34).
Bezüglich der Kapitulationen ist in Kapitel IV (Art. 31)
lediglich gesagt, dass beim Abschlusse derselben auf die Grund-
sätze der militärischen Ehre Rücksicht genommen werden muss
und dass dieselben von beiden Theilen gewissenhaft ausgeführt
werden müssen.
Ausführlichere Bestimmungen enthält das fünfte Kapitel
(Art. 36—41) über den Waffenstillstand, durch welchen die
kriegerischen Operationen auf Grund einer Vereinbarung der
Kriegführenden zeitweilig ausgesetzt werden, und der ein all-
gemeiner oder örtlicher sein kann.
Jede schwere Verletzung des Weaffenstillstandes giebt dem
(Gegner das Recht, denselben zu kündigen und in dringenden
Fällen sogar die Feindseligkeiten sogleich wieder zu beginnen
(Art. 40). Werden dagegen die Bestimmungen des Waffen-
stillstands durch Privatpersonen aus eigenem Antrieb verletzt,
so kann lediglich die Bestrafung der Schuldigen und gegebenen
Falles Entschädigung verlangt werden (Art. 41).
Von Bedeutung für das Völkerrecht sind ferner die Vor-
schriften der Sektion IV über die von neutralen Staaten internirten
Streitkräfte der Kriegführenden und die von ihnen aufgenommenen
Verwundeten. Nach Art. 57 muss der neutrale Staat, der auf
seinem Gebiete Truppen der Kriegführenden aufnimmt, dieselben
thunlichst entfernt vom Kriegsschauplatz interniren und zwar
kann er sie in einem Lager festhalten oder sie selbst in
Festungen oder in zu diesem Zwecke hergerichteten Orten ein-
schliessen. Die Offiziere können in Freiheit belassen werden,
wenn sie ihr Ehrenwort geben, das neutrale Gebiet ohne Ge-
nehmigung nicht zu verlassen.