Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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in einer anscheinend geringfügigen, in Wirklichkeit aber viel- 
leicht für den betreffenden Staat höchst wichtigen Streitigkeit 
unter Berufung auf die nationale Ehre oder wichtige Interessen 
das schiedsgerichtliche Verfahren ablehnt, der Konflikt nur noch 
verschärft wird. Abgesehen davon ist es überhaupt für jeden 
Staat misslich, sich auf seine Ehre und Lebensinteressen zu be- 
rufen, um eine Streitigkeit einem Schiedsspruch zu entziehen. 
Gegen ein ständiges Schiedsgericht lässt sich aber vor Allem 
geltend machen, dass es im Wesen eines schiedsgerichtlichen 
Verfahrens liegt, dass die Streittheile im einzelnen Falle sich 
diejenigen Personen auswählen, die sie als besonders vertrauens- 
würdig und zur Entscheidung des Falles geeignet betrachten, 
während gegenüber den Mitgliedern eines ständigen Schieds- 
gerichts den Streittheilen unter Umständen dieses unbedingte 
Vertrauen fehlte Es kommt hier namentlich in Betracht, dass 
man in der Regel von einem Richter erwarten kann, dass er in 
einem Üivilprozesse unter Privatpersonen durchaus unparteiisch 
sein wird, dagegen können in Bechtsstreitigkeiten unter Staaten 
nationale Sympathien oder Antipathien bei den Schiedsrichtern 
nur zu leicht einen gewissen Einfluss ausüben. Jedenfalls besteht 
die Gefahr, dass, wenn bei internationalen Streitigkeiten die 
Parteien in der Wahl der Schiedsrichter nicht ganz frei, sondern 
auf eine gewisse Anzahl von Mitgliedern eines ständigen Schieds- 
gerichts beschränkt sind, der von einem solchen ständigen Schieds- 
gerichte gefällte Schiedsspruch nicht die Autorität besitzt, die er 
haben muss, wenn durch ihn der Streit beendigt sein soll, da 
Ja das Mittel der Zwangsvollstreckung bei solchen internationalen 
Schiedssprüchen fehlt, wenn nicht die gewaltsame Selbsthilfe des 
Siegers als Zwangsvollstreckung betrachtet werden will. 
In der That erklärten verschiedene Staaten, insbesondere 
Deutschland, dass sie weder auf ein obligatorisches Schiedsgerichts- 
verfahren, noch auf ein ständiges Schiedsgericht eingehen würden, 
und eine Zeit lang war es im höchsten Grade zweifelhaft, ob
	        
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