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Im innigsten Zusammenhang mit der Frage der Abrüstung
steht begreiflicher Weise die Schiedsgerichtsfrage, denn wenn
einmal im Völkerrechte der Grundsatz zur unbestrittenen An-
erkennung gelangt sein sollte, dass die Staaten ihre etwaigen
Streitigkeiten in der Regel durch Schiedsspruch entscheiden
lassen müssen, so wird nach und nach die Gefahr kriegerischer
Verwickelungen so gering werden, dass die Abrüstungsfrage sich
gewissermassen von selbst lösen wird.
Es ist daher begreiflich, dass die sog. Friedensfreunde das
grösste Interesse daran haben, dass die Entscheidung aller inter-
nationalen Streitigkeiten auf dem Wege des schiedsgerichtlichen
Verfahrens die Regel wird und dass bei allen auf Beseitigung
bezw. Beschränkung des Kriegs abzielenden Bestrebungen die
Schiedsgerichtsfrage stets die Hauptrolle spielt. Dies zeigte sich
auch bei der Haager Konferenz, wo sehr bald die Lösung der
Schiedsgerichtsfrage als ausschlaggebend für das Schicksal der
Konferenz erschien.
Recht bezeichnend für die Wichtigkeit, welche der schieds-
gerichtlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten beigelegt
wird, war es auch, dass namentlich die russische Regierung zum
Zwecke der Erreichung ihres mit der Forderung der Friedens-
freunde identischen Programms versuchte, das obligatorische
Schiedsgerichtsverfahren, wenn auch in beschränktem Umfange, zur
Anerkennung zu bringen und zwar in offenem Widerspruche mit
dem in Ziff. 8 des Murawiew’schen Rundschreibens enthaltenen
Vorschlage. Wie bereits bemerkt, hat allerdings die Klausel
der obligatorischen Arbitrage in der Konvention über die Bei-
legung internationaler Streitigkeiten keine Aufnahme gefunden,
es bleibt also nach wie vor jedem Staate überlassen, ob er sich
freiwillig einem Schiedsspruche unterwerfen will. Der von den
Verfechtern der Schiedsgerichtsidee gemachte Versuch, das
Prinzip der obligatorischen Arbitrage in’s Völkerrecht ein-
zuführen, ist vorläufig wenigstens missglückt. Ebenso sind die