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mehr völkerrechtliche Uebung werden wird, alle minder wichtigen
Streitigkeiten unter Staaten auf dem Wege des schiedsgericht-
lichen Verfahrens zum Austrage zu bringen®®.,
Bei dieser Sachlage erscheint es angezeigt, sich klar zu
machen, welche Bedeutung internationale Schiedsgerichte über-
haupt haben können.
Die die völkerrechtliche Gemeinschaft bildenden Staaten
gelten als souveräne, einer höheren Gewalt nicht unterworfene
(Gemeinwesen, es gibt daher auch kein Gericht, dessen Spruch
sie im Falle eines unter ihnen entstandenen Streites von vorne-
herein unterworfen wären. Nach dem gegenwärtigen Stande des
Völkerrechts können Streitigkeiten unter Staaten, auch wenn sie
rechtlicher Natur sind, soferne eine gütliche Beilegung nicht
möglich ist, nur auf dem Wege der Selbsthilfe, also äussersten
Falles durch Krieg ausgetragen werden. Wer also die, Beseiti-
gung des Krieges anstrebt, muss verlangen, dass es völkerrecht-
licher Grundsatz wird, dass Streitigkeiten unter Staaten im Wege
des schiedsgerichtlichen Verfahrens beigelegt werden, d.h. in der
Weise, dass sich die Streitenden vertragsmässig und freiwillig
dem Urtheile eines von ihnen bestellten Schiedsrichters oder
Schiedsgerichts unterwerfen.
Zu beachten kommt freilich dabei, dass, da die Staaten
souveräne (Gremeinwesen sind, es bei internationalen Schieds-
sprüchen eine höhere Gewalt, die den gefällten Schiedsspruch
gegen die denselben nicht freiwillig vollziehende Partei voll-
strecken könnte, nicht gibt, während der Schiedsspruch,: der in
einem Streite zwischen Privatpersonen ergangen ist, vom staat-
lichen Gerichte für vollstreckbar erklärt und dann ebenso zum
Vollzuge gebracht werden kann, wie das Urtheil eines ordent-
lichen Gerichts. Allerdings werden ja in der Regel die Staaten,
25 Schon die Existenz des ständigen Bureaus im Haag und die hiedurch
gegebene leichtere Möglichkeit, zu einem schiedsrichterlichen Verfahren zu
gelangen, wird sich in dieser Beziehung geltend machen.