Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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gegeben. Berücksichtigt man ferner, dass es nicht einmal mög- 
lich ist, aus dem Verkehre der Privaten die Selbsthilfe zu ver- 
bannen, und dass sie sogar bis zu einem gewissen Grade von der 
Rechtsordnung anerkannt wird (vgl. z. B. B. G.-B. 88 227 ff.), so 
gehört wirklich ein beneidenswerther Optimismus dazu, zu glauben, 
die gewaltsame Selbsthilfe liesse sich aus den Beziehungen der 
Staaten beseitigen. 
Doch mag vielleicht auch die Entwickelung nach Jahr- 
hunderten derartigen Bestrebungen Recht geben; vorläufig ist der 
Stand des Völkerrechts noch der, dass die Staaten als unab- 
hängige, einer höheren Gewalt nicht unterworfene Staaten gelten. 
Betrachtet man aber die Schiedsgerichtsfrage vom Stand- 
punkte des heutigen Völkerrechts, so ist zunächst zu berück- 
sichtigen, dass kleinere Staaten der Frage der internationalen 
Schiedsgerichte ganz anders gegenüber stehen, als Grossstaaten; 
erstere mögen im Schiedsgerichtsverfahren einen Schutz für ihre 
Existenz und ihre Unabhängigkeit erblicken, für letztere erscheint 
nicht selten die Verpflichtung, sich einem Schiedsgerichte zu unter- 
werfen, als ein Hinderniss der wirksamen Geltendmachung ihres 
Rechts und der Verfolgung ihrer Interessen, in der man sie durch 
Aufwerfung von allerlei Streitfragen zu hindern sucht. Es ist 
daher keineswegs zufällig, dass sich die eifrigsten Verfechter der 
Schiedsgerichtsidee unter den Juristen und Politikern von Belgien 
und Holland, der Schweiz u. s. w. finden. 
Ferner kommt in Betracht, dass zwar im Privatleben der 
Einzelne sich dabei beruhigen mag, dass er zum Schutze seines 
Bechts jederzeit gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen kann. 
Im Verkehr unter Staaten liegt aber die Sache doch wesentlich 
anders. Ein Staat, namentlich ein Grossstaat, der sich darauf 
verlassen würde, dass er bei internationalen Streitigkeiten für 
seine Rechte Schutz durch ein Schiedsgericht fände, und in Folge 
dessen seine militärischen Rüstungen ‘vernachlässigen würde, hätte 
bald an Bedeutung verloren und würde die Erfahrung machen,
	        
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