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dass man im Vertrauen auf seine Schwäche auch seine Rechte
nicht mehr achtet. Der beste Schutz für das Recht eines Staates
ist und bleibt immer sein gutes Schwert, und insoferne trifft das
englische Wort „Might is Right“ — wer die Macht hat, hat auch
das Recht — vollständig das Richtige.
Dieses Gefühl haben auch instinktiv die Völker, die trotz
der lächerlichen und vaterlandslosen Phrasen der Friedensfreunde
und -freundinnen nicht nach schiedsgerichtlicher Entscheidung,
sondern nach der Entscheidung durch die Waffen verlangen, weil
sie das Bewusstsein haben, dass alle derartigen Streitigkeiten,
wenn sie überhaupt tiefer gehen, nicht im Prozesswege, sondern
durch Blut und Eisen entschieden werden können. So lange die
Menschen Menschen sind, wird dies auch so bleiben. ,
Was nun die Beurtheilung der auf die Schiedsgerichte und
das schiedsgerichtliche Verfahren bezüglichen Vorschriften der
hier in Rede stehenden Konvention anlangt, so soll der Werth
der eingehenden Vorschriften über das Verfahren keineswegs hier
herabgesetzt werden, aber andererseits ist doch auch hervor-
zuheben, dass wohl noch niemals die friedliche Beilegung eines
internationalen Konflikts daran gescheitert ist, dass es nicht mög-
lich war einen Schiedsrichter aufzutreiben, oder dass man nicht
wusste, welches Verfahren derselbe beobachten solle.
Im Uebrigen sind ja die bedenklichsten Bestimmungen, welche
in den von russischer, englischer, amerikanischer und italienischer
Seite gemachten Vorschlägen enthalten waren, ausgemerzt worden;
insbesondere hat die Konvention den Grundsatz der obligatori-
schen Arbitrage nicht aufgenommen. Mit Rücksicht darauf haben
sich wohl auch diejenigen Staaten, die in der Schiedsgerichtsfrage
zunächst einen ablehnenden Standpunkt eingenommen haben,
sich veranlasst gesehen, die Konvention zu unterzeichnen.
Allein so ganz harmlos sind die theilweise recht phrasen-
haften, in ihrer Tragweite aber nicht immer sofort zu über-
sehenden Bestimmungen der Konvention doch nicht, da, wie bereits