— 208 —
ordnung mit Hilfe des Landrechts interpretiren, so interpretirt
man sie thatsächlich durch ihre Negation. Dem hat nun aber die
Städteordnung selbst klar und deutlich einen Riegel vorgeschoben.
Bekanntlich ist bei der Ausarbeitung der Städteordnung von
1808 ihr Verhältniss zum Allgemeinen Landrecht ausführlich erörtert
worden. Eine der mit der Ausarbeitung befassten Behörden,
das General-Departement, wollte im Texte der Städteordnung alle
durch sie aufgehobenen oder abgeänderten Bestimmungen des
Landrechts aufzählen. Dem trat das preussische Provinzial-
Departement mit dem überzeugenden Nachweise entgegen, dass
bei der Verschiedenheit der prinzipiellen Grundlagen beider Ge-
setze eine solche Aufzählung unmöglich sei. Diese Auffassung
drang bei der definitiven Beschlussfassung in der Generalkonferenz
um so eher durch, weil man damals eine gründliche Revision
des Allgemeinen Landrechts als nothwendige Folge der ganzen
| Reformgesetzgebung in kurzer Zeit erwartete. Es ward also
statt jener speziellen Aufzählung eine Generalklausel beschlossen,
die alle dem neuen Gesetze widerstreitenden Bestimmungen des
Allgemeinen Landrechts beseitigt. Diese Generalklausel steht
in der Präambel der Städteordnung mit den Worten: ... „indem
Wir mit Aufhebung der derselben zuwiderlaufenden, jetzt
über die Gegenstände ihres Inhalts bestehenden Gesetze und Vor-
schriften, namentlich der auf solche Bezug habenden Stellen
des Allgemeinen Landrechts, Folgendes verordnen .. .“
Bei dieser wohlbekannten Sachlage und diesem klaren Wort-
laute ist die Behauptung unhaltbar, dass die Auslegung der
Städteordnung nicht in Widerspruch mit den landrechtlichen
Vorschriften treten dürfe, weil „von einer Aufhebung derselben
aus der Städteordnung von 1808 absolut nichts zu entnehmen“
seil!! Im Gegentheil spricht die Städteordnung ausdrücklich die
Aufhebung aller ihr widersprechenden Vorschriften des Land-
rechts aus. Und gerade weil sie die aufgehobenen Stellen nicht
aufzählt, kann man zu ihrer Interpretation das Landrecht über-