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niemals erlassen worden. Der Minister v. Raumer hatte die
Aufhebung der Verordnung von 1829 daraus ableiten wollen,
dass die Städteordnung von 1853 mit dem $ 175 St.-O. von
1808 auch das Bestätigungsrecht des Magistrats, wie es jene
Verordnung unter ausdrücklicher Berufung auf diesen Para-
graphen enthält, beseitigt habe. Die Thatsache ist ja sehr
richtig, wie schon gezeigt; nur folgt daraus eben lediglich der
Fortfall des Bestätigungsrechts, nicht der ganzen Verordnung
oder gar ihr stillschweigender Ersatz durch die Instruktion von
1811. Brown behauptet freilich, die Verordnung könne nicht
„theilweise als aufgehoben, theilweise als bestehend erachtet
werden“. Aber im Gegensatz zum Minister v. Raumer und in
Uebereinstimmung mit dem Minister Dr. Bosse folgert er daraus
das Fortbestehen der ganzen Verordnung mitsammt dem Be-
stätigungsrecht; jedoch wieder mit der erstaunlichen Novation,
dass dies nicht das Bestätigungsrecht der Verordnung von 1829
und des $ 175 St.-O. von 1808, sondern der Instruktion von
1811 sein soll! Die eine Behauptung ist so haltlos wie die
andere. (Gesetz bricht Verordnung, soweit sie ihm widerspricht;
— soweit unbedingt; aber unbedingt auch nur soweit. Das ist
doch eine staatsrechtliche Binsenwahrheit; und wir haben Ver-
ordnungen in Masse, namentlich aus der absoluten Zeit, die
durch die spätere Gesetzgebung theilweise aufgehoben sind; zum
anderen Theile aber, soweit sie dem Gesetze nicht widersprechen,
unbestritten fortgelten. So ist's auch mit der Verordnung von
1829; ihre Bestätigungsklausel, die mit der der alten Städte-
ordnung identisch ist, fiel durch das Gesetz, die neue Städte-
ordnung; soweit sie aber diesem Gesetz nicht widerspricht, gilt
sie fort.
Kann man die unbequeme Verordnung von 1829 nicht um-
bringen, so versucht man sie doch gegenüber der hochgeschätzten
Instruktion von 1811 im Range herabzusetzen, damit sie sich
der Vorgesetzten unterordne. Desshalb hatte schon v. Raumer
Archiv für öffentliches Recht. XV. 2. 15