Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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bedarf keiner näheren Erörterung. Anders aber steht es mit 
Art. 20: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.“ Denn es 
ist nicht zu verkennen, dass der Begriff der Wissenschaft und 
ihrer Lehre weiter ist als der von Schule und Unterricht. Mit 
Unrecht wird daher allgemein Art. 20 hinsichtlich seines Ver- 
hältnisses zu Art. 112 auf eine Stufe mit den Art. 21—25 ge- 
stellt und gleich diesen für schlechthin suspendirt erklärt?, Ebenso 
unrichtig ist aber auf der anderen Seite auch die Behauptung?, 
dass Art. 20, da sich der Begriff der Wissenschaft und ihrer 
Lehre mit dem von Schule und Unterricht nicht decke, von 
Art. 112 überhaupt nicht berührt werde; denn wenn auch beide 
Begriffe sich nicht decken, so bilden sie doch auch nicht sich 
ausschliessende Gegensätze. Das Richtige liegt vielmehr in der 
Mitte: Art. 20 steht hinsichtlich seines Verhältnisses zu Art. 112 
insoweit mit den Art. 21—25 auf gleicher Stufe, als sich die 
genannten Begriffe decken, d. h. insoweit als die Wissenschaft 
und ihre Lehre durch Schule und Unterricht geübt werden; dar- 
über hinaus bleibt Art. 20 von Art. 112 unberührt. — Wenn 
im Folgenden Art. 20 den Art. 21—25 der Einfachheit halber 
gleichgestellt wird, so ist dies nur mit dem aus dem soeben Be- 
merkten sich ergebenden Vorbehalt zu verstehen. 
Die viel umstrittene Frage, in welchem Masse Art. 112 die 
in den Art. 20—25 über das Schul- und Unterrichtswesen ent- 
haltenen Vorschriften suspendire, ist von ARNDT in einem Auf- 
ergänzungsweise vom Staate aufgebracht. Die auf besonderen Rechtstiteln 
beruhenden Verpflichtungen Dritter bleiben bestehen. — Der Staat gewähr- 
leistet demnach den Volksschullehrern ein festes, den Lokalverhältnissen 
angemessenes Einkommen. — In der öffentlichen Volksschule wird der Unter- 
richt unentgeltlich erteilt. 
2 Wenn der Abg. Kisker (Sten. Ber. der I. Kammer 1849/60 Bd. IV 
S. 1969) und v. Rönne (Staatsr. d. preuss. Monarchie, 4. Aufl, Bd. II S. 454) 
den Art. 20 nicht für suspendirt erachten, so gehen sie von der falschen 
Voraussetzung aus, dass die Art. 20—25 nur insoweit suspendirt seien, als 
ihren Vorschriften solche des früheren Rechts entgegenstünden; s. u. 
® Scawartz, Verf.-Urk. f. d. preuss. Staat, Breslau 1896, S. 86.
	        
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