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vorzubeugen, zu welchen die gewährleistete Auswanderungsfreiheit
benutzt werden kann. Es handelte sich dabei nach ausdrücklicher
Erklärung der Motive vor Allem um die Verhinderung der heim-
lichen Auswanderung, wenn der Auswandernde durch diese
bestehenden Verpflichtungen sich entziehen will. „Denn dem
Rechte zur Auswanderung stehe die Pflicht des Auswandernden
zur vorherigen Erfüllung oder Regelung der ihm obliegenden
öffentlichrechtlichen und privatrechtlichen Verpflichtungen gegen-
über. Es kommen hierbei insbesondere in Betracht die Ansprüche,
welche der Staat aus strafbaren Handlungen des Auswandernden,
der Staat und sonstige öffentliche Verbände aus seiner Abgabe-
pflicht, Armenverbände aus armenrechtlichen Verpflichtungen des
Auswanderers, einzelne Personen aus privatrechtlichen Titeln
gegen den Auswandernden zu erheben haben. Um die Interessen
dieser Betheiligten zu wahren, ist es nothwendig, dass die Absicht
des Auswandernden, seine Heimath zu verlassen, rechtzeitig und
in glaubhafter Form zur Kenntniss der Betheiligten gebracht
wird, so dass die letzteren Gelegenheit erhalten, ihre Ansprüche
geltend zu machen, bevor der Auswanderer das Reichsgebiet
verlässt.“
Desshalb sollte der Auswanderer verpflichtet werden, seine
Absicht, auszuwandern, regelmässig nicht später als vier Wochen
vor ihrer Ausführung der Ortspolizeibehörde seines Wohnsitzes
oder, in Ermangelung eines solchen, der Behörde seines gewöhn-
lichen Aufenthaltsorts anzuzeigen. Die Behörde sollte sodann
die bevorstehende Auswanderung durch Bekanntmachung zur
öffentlichen Kenntniss bringen und nach Ablauf von vier Wochen
über die erfolgte Bekanntmachung von Amtswegen eine Beschei-
nigung ertheilen. Die Auswanderung selbst sollte nur nach Er-
theilung der Bescheinigung, also regelmässig erst nach Ablauf
von vier Wochen nach der Anzeige zulässig sein, jedoch nicht
von dem Nachweise der Erledigung der etwa inzwischen geltend
gemachten Ansprüche abhängig gemacht werden.