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Unter diesen Umständen ist es nur voll zu billigen, dass bei
der Gesammtabstimmung über den Gesetzentwurf betr. das Aus-
wanderungswesen der Deutsche Reichstag am 19. Mai 1897 in
einer Resolution beschlossen hat, die verbündeten Regierungen
zu ersuchen:
„den im Auslande lebenden Deutschen, bei denen der Ver-
dacht einer beabsichtigten Hinterziehung der Wehrpflicht nicht
vorliegt, also insbesondere den im Auslande geborenen oder
in frühester Jugend in das Ausland verzogenen deutschen
Reichsangehörigen, die Ableistung ihrer Wehrpflicht in höherem
Grade zu erleichtern als bisher.“
Auf diesem von einem Faktor der deutschen Rechtsbildung
selbst gewiesenen Weg'? ist in Zukunft das Ziel zu erreichen,
das in der Sicherung der Ableistung der Wehrpflicht unbeschadet
der durch die Reichspolitik gesteigerten Beweglichkeit der
deutschen Bevölkerungstheile liegt. Es gilt eine Abwägung
der staatlichen Interessen, die mit einer sorgfältigen Führung
der Standesregister für den gesammten Verwaltungsapparat
verbunden sind, gegenüber den Interessen militärischer Natur, die
in der Erschwerung der Entziehung aus der Militärpflicht seitens
einer relativ beschränkten Zahl von Personen liegt. Eine solche
objektive Abwägung von Vor- und Nachtheilen wird unzweifelhaft
zur Ablehnung jener Ministerialverordnungen führen, die einem
empfindlichen Institute der deutschen Rechtsordnung Schädi-
gungen zuzufügen geeignet sind, ohne dass das andere Rechtsgut
— die allgemeine Wehrpflicht, — das durch jene Verwaltungs-
verordnungen besser geschützt werden soll, auch wirklich eine
nennenswerth gesteigerte Sicherung dadurch erlangen kann.
1% Eine Erörterung der technischen Seite der Frage liegt jenseits des
Rahmens meiner Untersuchung, die auch nicht in eine Abschätzung der Er-
leichterungen eintreten kann, die für die Durchführung des in der Resolution
des Reichstages ausgesprochenen Wunsches daraus erwachsen, dass der Kolo-
nialbesitz des Reichs inzwischen beträchtlich an Umfang gewonnen hat.