Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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Freilich hatte dieser Umstand für LAnnsbere auch seine Nachteile. Denn, 
wie er, bei aller Verehrung für Srirzıne, selbst bemerkt, wurden von diesem 
infolge: seines Systems noch so wichtige Schriften, welche vor 1700 er- 
schienen sind, auch wenn sie nicht naturrechtlichen Charakters waren, in 
der zweiten Abteilung dann nicht berücksichtigt, wenn ihr Verf. zufällig 
nach 1700 gestorben war. Infolgedessen musste LANDSBERG einige Autoren 
mit in den Kreis seiner Darstellung ziehen, die geistig der früheren Periode 
angehörten. Im übrigen hat sich LaAnpsBERe nicht an solche Aeusser- 
lichkeiten gehalten, wie STInTzına. Jener gruppiert die Autoren nach 
innerer Verwandtschaft und macht einen Abschnitt erst am Anfang des 
19. Jahrh., welcher Schnittpunkt allerdings auch ein die Gedankenkreise 
trennender ist und daher in einem ganz anderen Mass, als das indifferente 
Jahr 1700 eine Epoche abschliesst. Eine Periodisierung nach der Wende 
vom 18. zum 19. Jahrh. bot sich somit von selbst dar. Bis dahin reicht 
denn nun auch der vorliegende erste Halbband der dritten Abteilung, deren 
zweiter bis in die Gegenwart hinein fortgeführt werden soll. Hiebei be- 
handelt LanpspeRra aber jeden Autor dort, wo seine hauptsächlichsten Werke 
stofflich hingehören, und ist „in äussersten Fällen sogar dazu übergegangen, 
an verschiedenen Stellen nur je das dorthin gehörige Stück aus der Thätig- 
keit des Verf. zu besprechen“. Er nimmt also jedenfalls keine Rücksicht auf 
das Todesjahr der Autoren, welches für Stmtzına eine so rätselhafte Wich- 
tigkeit besessen hatte. 
Auf dieser Grundlage ist das Werk aufgebaut, dessen ungeheurer Stoff 
im grossen und ganzen als eine Geschichte des Naturrechtes von GROTIUS 
bis Kant bezeichnet werden kann. 
Zu Beginn wird Grorıus kurz, aber gut charakterisiert und seine rechts- 
philosophische und historische Bedeutung mit Recht in der prinzipiellen, 
wenn auch in der Durchführung nicht ganz gelungenen Ablösung des Natur- 
und Völkerrechtes von der Religion erblickt. Während die ganze mittel- 
elterliche Jurisprudenz das Naturrecht im wesentlichen mit der Offenbarung 
Gottes und den religiösen Geboten identifizierte, führte GRoTIUS zum ersten- 
male das natürliche Recht auf weltliche Nützlichkeitsprinzipien zurück. Den 
egoistischen Kern dieser Quelle wollte freilich GroTıus nicht erkennen oder 
anerkennen, denn er kleidet sie nach aristotelischem Muster in das täuschende 
Gewand eines natürlichen Geselligkeitstriebes. Immerhin war es die grosse 
That des Grortius, das natürliche Recht aus der menschlichen Vernunft ab- 
zuleiten, und die praktische Bedeutung dieses neuen Gedankens bestand darin, 
dass ein so gefundenes Recht alle Menschen, mochten sie Christen oder 
Heiden, Rechtgläubige oder Ketzer sein, verbinden musste. LANDSBERG be- 
richtet sodann in instruktiver Weise, wie lange es währte, bis die Gedanken 
des Grorıus in Deutschland Eingang fanden und welch heftiger Widerstand 
ihnen seitens der orthodoxen Theologen, auch der protestantischen, und 
seitens der Romanisten entgegengesetzt wurde. Das Hauptverdienst daran,
	        
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