Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

— 295 — 
giösem Gesichtspunkte behandelte u. a. m., und man wird begreifen, welch 
ein radikaler Neuerer Taomasıus war, wobei man freilich nie ausser acht 
lassen darf, dass diese ganze deutsche Reformbewegung grösstenteils doch 
nur ein Echo fremder Melodien gewesen ist. LANDSBERG erwähnt schliess- 
lich, dass schon Friedrich Wilhelm I. den Versuch machte, Tuomasıus und 
die Hallenser Fakultät zur Inangrifinahme einer Kodifikation des preussi- 
schen Civilrechtes „binnen drei Monaten“ zu veranlassen, ein Unternehmen, 
das freilich scheitern musste. 
LanpsBEerG hat das Wirken des Tuaomasıus offenbar mit besonderer 
Vorliebe geschildert. Tmomasıus ist ihm augenscheinlich ebenso innerlich 
sympathisch, wie CARPZOV es STINTZIng war. Es ist daher begreiflich, dass 
die Arbeiten der späteren Autoren etwas summarischer besprochen werden. 
Es reicht ja auch keiner derselben irgendwie an THuomasıus heran. Immer- 
hin ist da noch genug von den beiden Cocczs1, LupEwis, Schmauss, J. H. BöH- 
MER und zahllosen anderen zu lesen, die LANDSBERG unter dem Namen „Prak- 
tiker* und Vertreter der „eleganten Jurisprudenz“ zusammenfasst. Im 
folgenden geht er unter dem Titel „Höhepunkte“ auf die wenn auch nicht 
sehr bedeutenden, so doch sehr einflussreichen Autoren HEıneccius, LEYSER 
und Worr ein. Eine kurze, aber sehr gut orientierende Skizze belehrt uns 
sodann über die Geschichte der Kodifikationen in Preussen und Bayern. Der 
folgende lange Abschnitt handelt von unzähligen romanistischen und germa- 
nistischen Antiquitäten-Forschern, denen die Schüler WoLrF’s und seine Gegner 
angereiht werden. Ein glänzend geschriebenes Kapitel ist dem alten Moser 
und PürtErR gewidmet, nicht minder vortrefflich ist sodann das Eindringen 
des Naturrechtes in das katholische Kirchenrecht dargestellt (wohl eine der 
interessantesten Episoden!), seine Wirkungen im „Febronianismus“ und 
„Josefinismus“, ferner der Einfluss des Naturrechtes im Strafrecht (HommEr's 
Eintreten für BEccarıa), dann SONNENFELS, MARTINI u. 8.). 
Im elften Kapitel zeigt uns der Verf. das Naturrecht auf seinem Höhe- 
punkte, welchen man etwa in das letzte Viertel des vorigen Jahrhunderts 
setzen kann, indem nun das Naturrecht bei all den zahlreichen Autoren 
dieser Epoche den Gedankengang der Rechtswissenschaft völlig durchdringt 
und beherrscht, aber bereits die Zeichen des Verfalls an sich trägt. Schon 
bei Wotr und seinem Schüler D. NETTELBLADT, deren Hauptwerke etwa in 
die Mitte des Jahrhunderts fallen, führt der Grundfehler der ganzen Schule, 
den Inhalt des Naturrechtes teils aus dem subjektiven Denken zu abstre- 
hieren, teils aus Verträgen zu fingieren, deren Inhalt man sich beliebig zu- 
sammenstellt, zu Absurditäten. So wenn NETTELBLADT nach WoLr’s Vor- 
gang aus einem und demselben Naturrechte sowohl das katholische als das 
protestantische Kirchenrecht nach Bedarf als „natürliches Kirchenrecht“ 
deduziert u. s. w. Bei FEDER in Göttingen (1740—1821) ist die Sache noch 
weiter gediehen, er neigt sich bereits angesichts der zahllosen Meinungs- 
differenzen der Naturrechtslehrer über dasjenige, was als aus der Vernunft
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.