Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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ein Werk in derselben Sammlung schrieb, ausländische Autoren berück- 
sichtigte, wie er ausführlich von Bopın, MacHiaveLuı, MiıLton, Locke, Vico, 
Moxtssavieu, RoussEau u. 8. handelte, so kann man den Verf. wohl auch 
nicht mit der Gebundenheit entschuldigen, welche durch das Programm des 
ganzen Sammelwerkes hervorgerufen war. 
In einzelnen Fällen ist denn auch LAnDsBERG ein bischen abgewichen. 
Er spricht doch wenigstens von GroTıus, HoBBES, ÜUMBERLAND, SPINOZA, 
wenn auch nur mit ein paar Zeilen, er erwähnt wenigstens z. B. bei THoma- 
sıus, wie sehr dieser hinsichtlich der Toleranzidee von LockE abhängig war, 
oder beim katholischen Kirchenrecht des 18. Jahrh., wie stark der Einfluss 
des Gallikanismus auf dasselbe gewesen ist. Aber das geschieht doch in 
durchaus ungenügender Weise. Was soll man aber etwa zur Darstellung 
Kınrt's sagen, wo mit keinem Worte von der doch fast sklavischen Ab- 
hängigkeit gewisser Lehren desselben von MoNxTEsquiEU und Rousskau die 
Rede ist? Muss es ferner nicht geradezu irreführen, wenn der Verf. 8. 509 
von Kant so spricht, als ob dieser das Prinzip des Rechtsstaats im Sinne 
der Beschränkung der Staatszwecke auf die Erhaltung des Rechtes zum 
erstenmale aufgestellt hätte, und ist es nicht offenbar unrichtig, von dieser 
Lehre zu sagen, dass in ihr eine Schranke der Staatsallmacht gelegen sei, 
„deren alle Theorie und Praxis des Staatsrechtes im 17. und 18. Jahrh. 
entbehrt hatte“? Denn diese Theorie fand ja doch Kant in dem ihm sehr 
wohl bekannten Werke des Anpam SMITH, sowie bei den französischen Physio- 
kraten. 
Das zuletzt angeführte Beispiel führt uns übrigens noch auf einen 
anderen, vielleicht schwerer wiegenden Fehler des LannspEera’schen Werkes. 
Er bemüht sich nämlich nirgends, den tieferen Ursachen der von ihm vor- 
geführten Theorien nachzugehen. 
Dieses fast völlige Fehlen der Zurückführung des Auftretens der be- 
sprochenen Schriftsteller auf gesellschaftliche, wirtschaftliche oder sonstige 
Ursachen scheint mir ein schwerer Mangel des Werkes zu sein. Am ehesten 
möchte man noch geneigt sein, bei LAnDsBErR@ eine dunkle Ahnung der 
Heeert’schen Geschichtsauffassung zu finden und anzunehmen, dass ihm vor- 
geschwebt haben mag, die Geschichte der „Idee“ des Naturrechtes zu schreiben, 
wie sie geboren wird, wächst und gedeiht, sich ihre Jünger und Kämpfer 
erweckt, bis sie sich, greisenhafı geworden, hinlegt und stirbt, um der ent- 
gegengesetzten „Idee“ der historischen Schule Platz zu machen. Klar ist ja 
diese Auffassung nirgends bei LanpsBERe zu Tage getreten, sie scheint mir 
aber doch durchzuschimmern. Wenn ich mich in dieser Hinsicht nicht 
täusche, so läge hierin wenigstens ein. Versuch zu jenem Erforschen der 
tieferen Ursachen der historischen Phänomene, ein Versuch, ein geistiges 
Band zu erhalten für die Teile, die der Verf. so fest in der Hand hat, freilich 
auf Grundlage einer Geschichtsauffassung, die seither selbst zu einem „über- 
wundenen Standpunkte“ geworden ist. Eine Parthenogenesis von „Ideen“
	        
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