Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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Unzweifelhaft bildet sich in Familien, die einem bestimmten Beruf seit 
längerer Zeit ihre Mitglieder zuführen, die seit längerer Zeit durch Besitz 
hervorragen, die seit längerer Zeit im Staate hervorragende Stellen einnehmen 
— mögen diese Familien dem Adel angehören oder nicht — eine bestimmte 
Gesinnung aus. Diese Gesinnung geht durch eine Strafthat noch nicht ver- 
loren, so wenig wie künstlerisches Können oder gelehrtes Wissen. Es könnten 
daher demjenigen, der sich einer strafbaren Handlung schuldig macht, wohl 
seine Adelsprädikate oder Adelstitel und etwaigen Adelsrechte entzogen 
werden, ebeuso wie dem Künstler und Gelehrten im gleichen Falle seine 
Auszeichnungen, Aemter und Würden; aber es ist unmöglich, ihn zugleich 
der Lebensanschauungen zu berauben, die durch den ererbten Adel hervor- 
gebracht, durch den verliehenen bezeichnet werden, abgesehen davon, dass, 
wie der Fürst Lichnowski andeutete, notwendig auch das blosse Verbot der 
Führung des Prädikats, des Titels nicht genügen würde, sondern eine voll- 
ständige Namensänderung hinzutreten müsste, um den ehemaligen Adel äusser- 
lich vergessen zu machen. Es kann also nicht der Adel, sondern nur die 
äussere Erkennbarkeit des Adels Gegenstand einer Strafe sein, nebst dem 
Verlust von Rechten, wo sie bestehen. 
Wird aber die Strafe hierauf beschränkt, so entsteht Jdie Frage nach 
deren Dauer. Giebt man zu, dass sie auf Lebenszeit des Verurteilten erkannt 
werden müsse, wenn sie von Wirkung sein soll, so ist damit noch nicht be- 
gründet, dass sie, wie die Strafe der Hochverräter des römischen Rechts 
(1. 5 Cod. IX 8), auch gegen die Kinder des Bestraften fortgesetzt werden 
müsse. Nur der Widerspruch, der darin liegt, dass jemand, dem die äusseren 
Anzeichen, die Rechte des Adels entzogen sind, Kinder haben könnte, denen sie 
erhalten bleiben, führte dazu, auch letztere, obwohl unschuldig, zu bestrafen; 
dieser Widerspruch (s.$ 93 Allg. L.-R. IL 9) muss nicht dazu führen, jene Strafe 
Unschuldiger beizubehalten, sondern dazu, jene Strafe überhaupt abzuschaffen 
und damit keine Gelegenheit zur Entstehung des Widerspruchs zu geben. 
Vielleicht ist es mir in der Folge gestattet, im Archiv noch an anderer 
Stelle auf den weiteren Inhalt des sehr interessanten und mit Sachkenntnis 
geschriebenen Werkes zurückzukommen. 
Krotoschin. Bartolomäus, Amtsgerichtsrat. 
P. Goetsch, Das Reichsgesetz über das Auswanderungswesen vom 
9. Juni 1897, nebst Ausführungsverordnungen, unter Benutzung amt- 
licher Quellen. Berlin, ©. Heymann’s Verlag, 1898. 359 S. 8°. M.3.—. 
Der Verf. ist als Protokollführer der mit der Ausarbeitung des Gesetzes 
betraut gewesenen Ministerialkommission am frühesten in der Lage gewesen, 
der fachlichen Literatur eine eingehende, aus den Quellen schöpfende Dar-
	        
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