Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

— 324 — 
in solchen Fällen hervorgerufen oder verhütet werden soll, nur 
in äusserlichem, nicht innerlichem Zusammenhang mit dem Ar- 
beitsvertrage steht. 
So sind Thätlichkeiten gegen Mitarbeiter oder Entwendungen 
bereits durch das Strafgesetz verboten. Die Gewerbeordnung 
giebt ausserdem für diese Fälle in $ 123 das Recht der sofortigen 
Entlassung. Trotzdem macht der Arbeitgeber, um eine geübte 
ständige Arbeiterschaft für seinen Betrieb heranzubilden, nicht 
ohne Noth von der Strenge des Gesetzes Gebrauch. Wenn der 
Arbeitgeber jeden Arbeiter wegen kleiner Verfehlungen vor das 
Gericht stellte oder entliesse, so würden dadurch, wie Freiherr 
v. STumMM treffend hervorgehoben hat, Verhältnisse hervorgerufen 
werden, die kein verständiger Arbeiter als richtig anerkennen 
würde”. 
Andererseits hat aber der Arbeitgeber im Interesse der 
Ordnung des gesammten Betriebes ein dringendes Interesse daran, 
dass auch diese kleinen Verfehlungen unterbleiben. Da er die 
Arbeiter dem Staatsanwalt nicht übergeben will, sucht er nach 
einem Surrogat der echten Strafe und begründet — um mit 
SAvisnY® zu reden — eine „Kriminalanstalt im Kleinen“ in 
seinem Betriebe. 
Das Institut der Privatstrafe feiert hier seine Auferstehung. 
Die Strafe dient nicht dem Vermögensinteresse, sondern der 
Abschreckung. Betrachtet man die in der Arbeitsordnung 
vorgesehenen Strafen als Konventionalstrafen, so würde die 
Grundlage der Strafbefugniss auf dem mit den Arbeitern ge- 
schlossenen Vertrage beruhen. Der Arbeitgeber würde also seine 
Strafbefugniss aus dem Willen auch der Arbeiter herleiten. Allein 
der & 134° Abs. 2, der von einer „Verhängung“ von Strafen 
spricht, deutet bereits äusserlich auf eine selbständige Straf- 
? Stenogr. Berichte des Reichstags 1890, 8. 160. 
® v. Savıony, Das Obligationenrecht als Theil des heutigen römischen 
Rechts Bd. II. Berlin 1851.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.