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geber den bei ihm Beschäftigung suchenden Arbeitern anbietet,
und denen sich daher jeder Arbeiter, der in die Beschäftigung
eintreten will, unterwerfen muss. Daneben enthält sie Vor-
schriften, die zur Aufrechterhaltung der technischen und wirth-
schaftlichen Ordnung des Betriebes dienen sollen, und sichert
ihre Befolgung durch Strafbestimmungen, denen sich der Arbeiter
durch Eingehung des Arbeitsverhältnisses unterwirft“.
Die Vertragsnatur der Arbeitsordnung wurde in den
Reichstagsverhandlungen wiederholt hervorgehoben. Abgeordneter
Mıigquer '? führte aus: „Im Grossen und Ganzen sind die Fabrik-
ordnungen nichts weiter als die Modalitäten des Arbeitsvertrages,
der nur mit Zustimmung beider Theile zu Stande kommen kann.“
Abgeordneter WÖLLMER? sah in der Fabrikordnung nichts Anderes
als einen Arbeitsvertrag, und Abgeordneter BÖTTCHER!* meinte:
„Das Rechtsverhältniss ist doch so, dass es sich hier handelt um
die Bedingungen des Arbeitsvertrages, die in der Fabrikordnung
niedergelegt sind.“ Hervorragende Theoretiker haben aus der
Fassung des Gesetzes die Vertragsnatur der Arbeitsordnung
hergeleitet. HERKNER!® führt aus, dass die Bestimmung!®, wo-
nach vor Erlass der Arbeitsordnung oder eines Nachtrages zu
derselben den in der Fabrik oder ın den betreffenden A btheilungen
des Betriebes beschäftigten grossjährigen Arbeitern Gelegenheit
zu geben ist, sich über den Inhalt derselben zu äussern, der
Fiktion des freien Arbeitsvertrags entspreche. NEUKAMP !? meint:
„Die Arbeitsordnung ist juristisch nichts weiter als ein inte-
grirender Bestandtheil des Arbeitsvertrages für diejenigen Per-
sonen, welche während der Geltung derselben bei dem Arbeit-
geber in Dienst getreten sind. Ehe ein Arbeiter auf Grund
einer Arbeitsordnung in das Arbeitsverhältniss eingetreten, ist
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2 A, a. O. IS. 136. 3 A. a. O0. IV S. 2288.
u A.a. 0. IV S. 2317.
15 Archiv f. soz. Gesetzgebung u. Statistik Bd. V S. 233.
‚8 134d Abs, 1 R.-Gew.-O. TA,a.0.1S. 186.