— 336 —
Ueber deutsches und preussisches
Verordnungsrecht.
Eine Erwiderung an Herrn Prof. Dr. G. Anscnürz.
Von
Prof. Dr. Av. Arnpr in Halle a. S.
Jeder Verfassung liegt eine Generalidee zu Grunde. Die Ver-
fassung des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs
hat die Zugeständnisse, „die Delegationen“ der Einzelstaaten
an die Üentralgewalt, zum Hauptgegenstande; die französisch-
belgischen Verfassungen bestimmen, wer Namens und im Auf-
trage des souveränen Volkes die verschiedenen Gewalten aus-
übt; die preussische enthält die Verzichtleistung der Krone
auf ihr früher allein zugestandene Befugnisse und deren Ueber-
tragung zum Zwecke der gemeinschaftlichen Ausübung an den
Landtag. Daraus ergeben sich ganz bestimmte rechtliche Folgen:
für das Deutsche Reich, dass es nur die ihm übertragenen
Befugnisse und die auf Grund dieser Befugnisse von ihm er-
worbenen Rechte besitzt, dass also die Rechtsrermuthung für
die Zuständigkeit der Einzelstaaten streitet, für das französisch-
belgische Recht, dass die vollziehende Gewalt (Krone, Präsident)
nur abgeleitete Rechte hat und nur solche Anordnungen
genereller oder spezieller Art treffen darf, die sich stützen auf
eine besondere und ausdrückliche Ermächtigung des Gesetzes,