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standen war, diese ohne Zustimmung des Landtages nicht über
Staatseigenthum (Köln-Mindener Eisenbahn) verfügen, nicht Gnade
auf dem Gebiete des Vermögensrechts ausüben, also namentlich
nicht auf Steuern, Stempel u. dergl. verzichten dürfe. Auf den
nämlichen Standpunkte befinden sich aber auch (meist wohl
unbewusst) alle die, welche behaupten, dass die Krone keine
anderen Verordnungen erlassen dürfe, als die ihr ausdrücklich
zugestandenen, nämlich Nothverordnungen und Ausführungs-
verordnungen, dass sie daher auch auf den Gebieten, wo die Ver-
fassung weder direkt noch indirekt ein Gesetz erfordere, Nichts
rechtswirksam befehlen dürfe. Diese Behauptung wird, wie
AnscHütz im Programm der K. Eberhard - Karls - Universität
Tübingen 1900 (Die gegenwärtige Theorie über den Begriff der
gesetzgebenden Gewalt und den Umfang des königlichen Ver-
ordnungsrechts nach preussischem Staatsrecht S. 24) mittheilt,
für das preussische Recht von ihm selbst, v. STOCKMAR, LABAND,
GEORG MEYER, SCHULZE, JELLINEK, ROSIN, SELIGMANN, BRIE,
v. HOLTZENDORFF, DERNBURG, E. MAYER, OTTO MAYER und
SCHWARTZ vertreten. ANSCHÜTZ giebt nun zu, dass eine „zuerst
wenig beachtete, allmählich aber immer stärker anschwellende
— Gegenströmung“ hervortrete, welche für die Krone im Rechts-
verordnungsrecht praeter legem, ein selbständiges Rechtsver-
ordnungsrecht, in Anspruch nehme, dessen Handhabung nur eben
an die Schranke gebunden ist, dass die Verordnung nichts be-
stimmen dürfe, was einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift zuwider-
laufe. AnscHürTz meint S. 26, dass diese ganze (Gedanken-
richtung erst durch Gneist in’s Leben gerufen sei, glücklicher
Weise sei der Streit ein lediglich theoretischer geblieben, und es
sei auch nicht zu befürchten, dass die Regierung des führenden
deutschen Einzelstaates sich diese „krypto-absolutische Gedanken-
richtung“ aneignen und damit die Gefahr ernster politischer
Konflikte heraufbeschwören werde. Anschürz giebt 8. 9 zu,
dass die Krone Preussen alle ihr durch die Verfassung nicht ent-