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zogenen Rechte habe, er meint aber, diese Ansicht sei, abgesehen
von H. SCHULZE, Gemeingut aller Theoretiker, und ich meiner-
seits habe ganz mit Unrecht glauben machen wollen, die herr-
schende Theorie stehe auf einem anderen Boden. Trotzdem
vertritt AnscHürz 8. 11 die Ansicht, dass der Satz des belgischen
Staatsrechts: „les arröt&s royaux ne peuvent &tre-contraires aux lois
ni les outre-passer“* auch für Preussen richtig sei. 8. 12f.
bekennt sich AnscHütrz als ein Anhänger der Lehre der Ge-
waltentheilung auch für Preussen. Gesetzgebende Gewalt sei,
so heisst es auf S. 14, rechtssetzende Gewalt. Gesetze im for-
mellen Sinne gebe es erst im konstitutionellen Staate, S. 17,
(sesetz sei gleichbedeutend mit Rechtssatz gewesen. Rechts-
verordnungen, d. s. abstrakte Vorschriften der Staatsgewalt,
welche der Gesetzeskraft entbehren und mit Gebot oder Verbot
an die Unterthanen sich wendend in den aktuellen Rechtszustand
eingreifen, können, so sagt er 9. 21, in Preussen auch vom Könige
nur auf Grund gesetzlicher (verfassungsmässiger oder spezial-
gesetzlicher) Ermächtigung erlassen werden. Der Ausdruck
„gesetzgebende Gewalt“ in Art. 62 Satz 1 der Verfassung müsse
im Sinne des materiellen Gesetzesbegriffes aufgefasst werden.
Darauf wendet sich AnscHürz S. 27ff. besonders gegen mich:
ein guter, vielleicht der grösste Theil meiner Ausführungen und
Ergebnisse sei durch eine methodische Eigenart bedingt. Meine
Methode, „öffentliches Recht zu treiben“, sei von einer Grund-
anschauung beherrscht, welche im Wesentlichen darauf hinaus-
komme, die von allen juristisch Denkenden bisher gut gesonderten
Begriffe „Recht“ und „Faktum“ in bewusster Weise zu iden-
tifiziren. Ich sei allezeit geneigt, das Faktum als unwiderleglichen
Beweis für das Dasein eines publizistischen Rechtssatzes hinzu-
nehmen, nämlich die „konstante Praxis“ derjenigen Stellen, welche
sich mit der betreffenden Materie amtlich zu beschäftigen haben
Die Thatsachen, an deren Vorhandensein nach meiner Methodik
die Wirksamkeit und die Produkte der Rechtsbildung zu erkennen
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