Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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Anordnungen, gleichviel welchen Inhalts, zu treffen. Diese 
höchste Gewalt habe im absoluten Preussen der Krone zuge- 
standen. Art. 62 der preussischen Verfassung gebe sie fortan dem 
Könige nur noch in Gemeinschaft mit den Kammern. Im vor- 
konstitutionellen Preussen sei Gesetz nicht gleich Rechtsnorm 
gewesen; die ungeheure Mehrzahl der Rechtsnormen sei von den 
Ministern, Regierungen, Oberbergämtern, Ortspolizeibehörden 
erlassen und keineswegs als Gesetze bezeichnet gewesen, vielmehr 
stets betont worden, dass sie mit den „Gesetzen“, d.h. den 
königlichen Verordnungen, nichtin Widerspruch treten 
dürfen. Wo die Verfassung nach Sinn oder Wortlaut kein 
Gesetz fordere, könne die Krone, die alle ihr nicht entzogenen 
Befugnisse bewahrt habe, noch selbständige Normen aufstellen 
bezw. aufstellen lassen: namentlich im Unterrichtswesen (so lange 
bis das in Aussicht gestellte allgemeine Unterrichtsgesetz ergangen 
ist), im Militär-, Telegraphen-, Post-, Eisenbahnwesen. Es dürfe 
sich dabei allerdings nicht um gerichtliche Strafen handeln, denn 
diese dürfen wegen Art. 8 nur gemäss einem Gesetze ergehen, 
überhaupt nicht um Beeinträchtigung der Grundrechte; denn 
hier schliesse die Verfassung überall den Verordnungsweg aus 
(Art. 5 ff.), auch nicht nur Gegenstände, die zur unmittelbaren 
Anwendung durch die Gerichte bestimmt seien (Civil- und Straf- 
recht, Civil- und Strafprozess), weil 'nach Art. 86 der Richter 
nur der Autorität des Gesetzes unterworfen und die gerichtliche 
und vollziehende Gewalt von einander getrennt seien. Sowohl 
die preussische wie die Reichsverfassung kennen und lassen zu, 
so wurde weiter ausgeführt, in Art. 45 und bzw. 7 Abs. 2 eine 
allgemeine Delegation des (Ausführungs-) Verordnungsrechts 
intra legem. Verwaltungsvorschriften im Sinne der Reichsver- 
fassung seien in Uebereinstimmung mit dem überlieferten Sprach- 
gebrauch des französisch-belgischen Rechts, der deutschen Bundes- 
staaten, namentlich der Zollvereinigungsverträge und Steuer- 
gesetze, dem Sprachgebrauche der Lehre von der Gewaltentrennung,
	        
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