3470 —
man ihm konzediren müsse, dass er gerade in der prinzipalsten
Frage des modernen Staatsrechts gegenüber der ganzen da-
maligen Theorie und allen Theoretikern Recht habe.
Auf kaum zwei Reihen in einer Anmerkung erkennt Rosın
in der ersten Auflage seines Polizeiverordnungsrechts beiläufig an,
dass die königlichen Ausführungsverordnungen auch Rechtssätze
enthalten dürfen. Ich schreibe ein ganzes Buch mit zahlreichen
Belegen aus allen Verfassungen. Trotzdem deutet AnscHüTz 8. 20
an, es sei keine objektiv zutreffende Selbsteinschätzung, wenn ich
bemerke, G. MEyER und H. ScHuLzE hätten sich durch mein
Verordnungsrecht (anstatt durch Rosın) in dieser Frage um-
stimmen lassen. Jedoch ich will der Reihe nach vorgehen: Es
ist ANSCHÜTZ zuzugeben, dass der Streit über die Grenzen des
Verordnungsrechts im Wesentlichen ein lediglich theoretischer
geblieben ist, aber nicht etwa, weil meine eigene oder Anderer
Gegnerschaft gegen die herrschende Schule eindruckslos und
nichtig erscheint, sondern umgekehrt, weil die herrschende
Schule trotz aller glänzenden Namen mit allen ihren
Theorien bisher ohne jeden Eindruck, wenigstens ohne
jeden thatsächlichen Erfolg geblieben ist. Die, welche
natur- und verfassungsgemäss (in Preussen Art. 106 der Ver-
fassung und seine Motive) zu Wächtern, Prüfern und Richtern
darüber bestellt sind, ob eine Verordnung nicht in den Bereich
der Gesetzgebung, d. h. in die Zuständigkeit des Landtags ein-
greift, die Kammern, haben zwar stets Kenntniss von selbständigen
Verordnungen oder von der Publikation der Verordnungen ge-
habt, jedoch das Verfahren der Staatsregierung für durchaus
verfassungsmässig gehalten. Dieselben Kammern, welche die
Verfassung beriethen und feststellten, haben z. B. den Allerhöchsten
Erlass, enthaltend Bestimmungen wegen der den Militärs u. s. w.
zu gewährenden Tagegelder, vom 28. Dez. 1848, publizirt Gesetz-
sammlung 1849 S. 85, offenbar gelesen und lesen müssen. Zweifel-
los enthält dieser Erlass aber so gut Rechtsnormen wie die