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Urtheil, wende nicht mehr das Allgemeine Landrecht, sondern
das Bürgerliche Gesetzbuch, nicht mehr die alte Kriminalordnung
sondern die Verordnung vom 2. Jan. 1849 an! Dies folgt ja
auch schon von selbst aus der von der preussischen Ver-
fassung anerkannten Trennung der richterlichen von der
vollziehenden Gewalt, die auch getrennt bleiben, wenn der
Richter z. B. eine Nothverordnung anwendet, da er dann nicht
des Königs, sondern der Verfassung (Art. 105) Autorität folgt,
die aber nicht getrennt bleiben, wenn der Richter der Autorität
einer nicht verfassungs- oder gesetzmässig begründeten Verord-
nung, einer selbständigen Verordnung gehorchen müsste. Obwohl
die Bezugnahme auf Art. 105 der Verfassung vom 5. Dez. 1848
genügt hätte, die Verordnung vom 2. Jan. 1849 über die Auf-
hebung der Privatgerichtsbarkeit auch für den Richter verbind-
lich zu machen, so zieht diese auch noch die Art. 40, 85 u. 88
der Verfassung — sie ist in Ausführung dieser Artikel erlassen
— an und erkennt damit klipp und klar an, dass mit Rücksicht
auf den Art. 85 (jetziger Art. 86) und zur Ausführung des
Art. 85/86 ein Gesetz nöthig und dass die Gerichte einer
blossen königlichen Verordnung nicht unterworfen wären.
Wie ist die Bezugnahme auf Art. 85 AnscHüTz entgangen?
Wegen der Trennung der richterlichen von der vollziehenden
Gewalt, die unter Anderem auch in Art. 49 Abs. 3 zur An-
erkennung gelangt, wegen der Vorschrift in Art. 86, konnte der
König nicht das Landrecht aufheben, oder durch ein neues
Gesetzbuch ersetzen. Ebenso ist die Verordnung vom 3. Jan.
1849 über die Einführung des mündlichen und öffentlichen Ver-
fahrens mit Geschworenen nicht bloss auf Grund des Art. 105, son-
dern auch in Ausführung der Art. 92 u. 93 ergangen. Desshalb
war es nöthig, dass das Civilprozessrecht am 21. Juli 1849, die
Verpflichtung zur Hülfsleistung bei Räumung des Schnees am
6. Jan. 1849 und am 18. Juli 1849 die zur Anwendung durch
die Gerichte unmittelbar bestimmte Dispositalordnung anstatt
Archiv für öffentliches Recht. XV. 8. 95