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Bevölkerung verbreiten, ohne dass gleichzeitig der dem Ange-
klagten günstige Ausgang des Verfahrens bekannt wird.
Aber dieses Moment, dass eine rasche Entscheidung dem
Interesse der Parteien entspreche; ist nicht dasjenige, welches
von den Anhängern der sofortigen Entscheidung in Civilsachen
in den Vordergrund gerückt wird. Man stützt sich vielmehr auf
das Interesse des Mündlichkeitsprinzips.. Die Mündlichkeit und
Unmittelbarkeit des Verfahrens soll nur dann in vollem Umfange
zur Geltung kommen, wenn die Urtheilsfindung sich unter dem
lebendigen Eindruck der vorangegangenen Verhandlung vollzieht.
Wir verweisen auf die Begründung, welche, wie oben '!® mitgetheilt,
in der Reichstagskommission dem Antrage zu $ 127 der alten
Civilprozessordnung gegeben wurde.
Es ist zuzugeben, dass es, wenn sonst keine Hindernisse be-
ständen, dem Mündlichkeitsprinzip am besten entspricht, wenn
die Berathung der Entscheidung sich unmittelbar an die Ver-
handlung anschliesst. Dann ist der Eindruck der Verhandlung
am frischesten. Aber so rasch, wie die Anhänger der sofortigen
Berathung glauben machen wollen, verwischt sich dieser Eindruck
nicht. Allerdings ist das Gedächtniss und die Fähigkeit, dem-
selben durch Aufzeichnungen nachzuhelfen, etwas sehr Indi-
viduelles. Der Eine kann sich an der Hand von Notizen noch
nach Monaten genau die Einzelheiten einer Verhandlung in die
Erinnerung zurückrufen, während dem Anderen schon nach
Wochen diese Fähigkeit fehlt. Wie sehr selbst bei hervorragen-
den Juristen dieser Unterschied hervortritt, zeigt sich an den
einander entgegenstehenden Aeusserungen von WAcH und BÄHR.
Ersterer hatte!® ausgeführt, dass bei einiger Sorgfalt und Uebung
auch der nicht stenographirende Richter den Gesammtinhalt der
mündlichen Verhandlung richtig zu fixiren vermöge. „Ich berufe
15 Siehe am Beginn dieser Abhandlung.
18 Die C.-P.-O. und die Praxis 8. 44.