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Monate zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Zeit-
punkt, an welchem der Antrag betrefiend Berichtigung des
Thatbestandes zur Verhandlung kommt, verfliessen. Dieselben
Abgeordneten, welche die sofortige Berathung und Verkündung
forderten, weil das Gericht den Eindruck der mündlichen Ver-
handlung schon nach wenigen Tagen verliere, trauen den Richtern
hier offenbar eine ganz andere Gedächtnisskraft zu. Ob diese
Erstreckung der Frist allerdings einen praktischen Werth hat,
mag dahingestellt bleiben. Das Gericht wird sich nach Ablauf
mehrerer Monate schwerlich entschliessen, festzustellen, dass
etwas Anderes vorgetragen, als von ihm in den ersten Tagen
nach der Verhandlung im Thatbestand festgestellt worden ist,
insbesondere, da es sich bei den Thatbestandsberichtigungen
gewöhnlich um sehr feine Unterschiede in der Ausdrucksweise zu
handeln pflegt.
Es sind im Wesentlichen theoretische Erwägungen, welche
gegen die Möglichkeit, nach Verlauf weniger Tage eine Ent-
scheidung über das in der mündlichen Verhandlung Vorgetragene
fällen zu können, geltend gemacht werden. LIPPMANN, der mit
Entschiedenheit die Referentenwirthschaft bekämpft, macht den
Vorschlag'?, dass die Gerichte wenigstens den T'hatbestand sofort
nach der Verhandlung aufstellten. Man sollte die mündliche
Rede sofort, nachdem sie existent geworden, aufsaugen und
fixiren, und wenn auch immerhin die Berathung der eigentlichen
Entscheidung auf eine kürzere Frist ausgesetzt werden könnte,
so sollte man doch mit der eisernsten Strenge daran festhalten,
dass die Feststellung des Thatsächlichen sich unmittelbar ‘an die
mündliche Verhandlung anzuschliessen hat. Dass dies theoretisch
möglich ist und der Durchführung des Prinzips der Mündlichkeit
in jeder Beziehung gerecht werden würde, steht ausser Frage.
Was vorgegangen .ist, lässt sich auch ohne gründliche Vorberei-
18 Archiv für eiv. Praxis Bd. LXX S, 117.
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