Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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Monate zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Zeit- 
punkt, an welchem der Antrag betrefiend Berichtigung des 
Thatbestandes zur Verhandlung kommt, verfliessen. Dieselben 
Abgeordneten, welche die sofortige Berathung und Verkündung 
forderten, weil das Gericht den Eindruck der mündlichen Ver- 
handlung schon nach wenigen Tagen verliere, trauen den Richtern 
hier offenbar eine ganz andere Gedächtnisskraft zu. Ob diese 
Erstreckung der Frist allerdings einen praktischen Werth hat, 
mag dahingestellt bleiben. Das Gericht wird sich nach Ablauf 
mehrerer Monate schwerlich entschliessen, festzustellen, dass 
etwas Anderes vorgetragen, als von ihm in den ersten Tagen 
nach der Verhandlung im Thatbestand festgestellt worden ist, 
insbesondere, da es sich bei den Thatbestandsberichtigungen 
gewöhnlich um sehr feine Unterschiede in der Ausdrucksweise zu 
handeln pflegt. 
Es sind im Wesentlichen theoretische Erwägungen, welche 
gegen die Möglichkeit, nach Verlauf weniger Tage eine Ent- 
scheidung über das in der mündlichen Verhandlung Vorgetragene 
fällen zu können, geltend gemacht werden. LIPPMANN, der mit 
Entschiedenheit die Referentenwirthschaft bekämpft, macht den 
Vorschlag'?, dass die Gerichte wenigstens den T'hatbestand sofort 
nach der Verhandlung aufstellten. Man sollte die mündliche 
Rede sofort, nachdem sie existent geworden, aufsaugen und 
fixiren, und wenn auch immerhin die Berathung der eigentlichen 
Entscheidung auf eine kürzere Frist ausgesetzt werden könnte, 
so sollte man doch mit der eisernsten Strenge daran festhalten, 
dass die Feststellung des Thatsächlichen sich unmittelbar ‘an die 
mündliche Verhandlung anzuschliessen hat. Dass dies theoretisch 
möglich ist und der Durchführung des Prinzips der Mündlichkeit 
in jeder Beziehung gerecht werden würde, steht ausser Frage. 
Was vorgegangen .ist, lässt sich auch ohne gründliche Vorberei- 
18 Archiv für eiv. Praxis Bd. LXX S, 117. 
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