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theil der Rechtsanwälte ging dann aber dahin, dass sie die Urtheile
Jetzt allerdings sofort erhielten, dass die Urtheile aber auch darnach
wären. Promptheit der Justiz ist ein richtiger Grundsatz. Aber sie
darf nicht auf Kosten der Richtigkeit der Entscheidungen gehen.
Eine Schablonisirung ist in der Justiz durchaus nicht am Platze.
Die Richter können in dieser Beziehung nicht einschwenken, wie
die Unteroffiziere. Das Gesetz gibt ihnen die Befugniss, die
Verkündung der Entscheidung eine Woche auszusetzen, und wenn sie
hiervon Gebrauch machen, so thun sie es, weil sie es im Interesse
einer gedeihlichen Rechtsprechung für richtig halten, und weil sie
glauben, dass auf diese Weise ihre Eintscheidungen sorgfältig er-
wogen und daher zutreffende sind. Es ist desshalb durchaus zu
billigen, dass die Reichstagskommission auch für den amtsgericht-
lichen Prozess von der Aufnahme einer Vorschrift über die so-
fortige Verkündung der Entscheidung Abstand genommen hat.
Diese Ausführungen zeigen, von welcher Bedeutung für das
ganze Prozessverfahren der in der Reichstagskommission gestellte
Antrag ist. Es ist kein Zufall, wenn in denjenigen Gebieten,
wo beim Inkrafttreten der Civilprozessordnung das Prinzip der
Mündlichkeit des Verfahrens schon seit Jahrzehnten herrschte,
die Entscheidung regelmässig nicht sofort nach der Verhandlung,
sondern erst nach Ablauf einer einwöchigen Frist zu erfolgen
pflegt, und wenn umgekehrt diejenigen Gebiete, in denen sofort
die Verkündung stattfindet, früher den schriftlichen Prozess be-
sassen. Ein Zwang zur sofortigen Berathung und Verkündung der
Enntscheidung, wie er in der Reichstagskommission vorgeschlagen
wurde, würde entweder die Wirkung haben, dass leichtfertiger
geurtheilt und in den Gerichten weniger solide gearbeitet würde,
oder er würde auch diejenigen Gerichte, die sich bisher von