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lassen darf. Auf diesem Gebiet ist in neueren Gesetzen vielfach
gesündigt worden, und wir fürchten, auch im Bürgerlichen Ge-
setzbuch.. Will man verdeutschen, so muss man in der That
neue Worte finden, nicht aber Umschreibungen oder Ueber-
setzungen. Denn das Sprachgefühl, das im Nichtjuristen oft
lebendiger ist, als in dem durch die fremdsprachliche Termino-
logie angekränkelten Fachmann, verlangt einen mundgerechten
terminus technicus (um hier absichtlich das Fremdwort zu ge-
brauchen) mit allen Vorzügen eines solchen, nicht eine schwer-
fällige Uebersetzung, die ihm ohne Sachkenntniss trotz alledem
unverständlich bleibt.
So sehen wir denn recht häufig, dass neben dem amtlichen
deutschen Kunstausdruck der fremdsprachliche üblich bleibt, und
dass wir anstatt eines Wortes nunmehr zwei im Verkehr haben
— gewiss kein Vortheil! XDie Ursache ist eben jene mangelnde
sprachliche Beweglichkeit schwerfälliger deutscher umschreibender
Ausdrücke im Gegensatz zu der leichten Formbildung, welche die
meisten Fremdwörter gestatten. Während ein dem Lateinischen
entnommenes Wort stets auch in Verbindungen wohlklingend
bleibt, haben wir bei deutschen Wortbildungen in Zusammen-
setzungen häufig missklingende Härten, Kakophonien. So hört
man noch heute nicht selten den Ausdruck „sich contumaciren
lassen“ anstatt „sich im Versäumnissverfahren (oder „durch Ver-
säumnissurtheil“) verurtheilen lassen“ (5 Worte!), der „Litis-
denunciat“ (für den sich ein deutsches, von dem Kunstausdruck
„Streitverkündung“ herzuleitendes Wort überhaupt nicht bilden
lässt), der „Subhastat“ (ein analoger Fall, da „Schuldner“ oder
„Eigenthümer* zu farblos ist), „eivilrechtlich“, „eivilistisch“,
„Civilist* (anstatt „bürgerlich-rechtlich“; Civilist lässt sich über-
haupt nicht in dieser Weise verdeutschen), „Kriminalist“ („Straf-
rechtler“ ist eine vulgäre Bildung, kein Wort der Schriftsprache),
„Officialvertheidiger* („bestellter Vertheidiger“, „Vertheidiger von
Amtswegen“), „Prorogation* („Vereinbarung über die Zuständig-