— 429 —
Volkes anschliessen, sonst entfremdet es sich diesem trotz aller
Verdeutschungen. So wenig wie bei einem Eisenbahnfahrplan
oder bei einer Betriebsordnung der Aesthetiker oder der Philo-
loge den Ausschlag zu geben haben, sobald es sich um die Inter-
essen des Verkehrs handelt, sowenig darf dies bei einem Gesetz
der Fall sein.
Denn in erster Linie soll das Gesetz allgemein verständlich
und geeignet sein, volksthümlich zu werden, und das will es doch
offenbar auch selbst. Von diesem Gesichtspunkt aus muss es sich
aber der allgemein üblichen Sprache des Verkehrs anschliessen und
darf keine sog. Richtung oder Tendenz auf diesem Gebiet mit-
machen, und in diesem Sinne verlangen wir an der Sprache des
Gesetzes einen gewissen Konservativismus. Die Terminologie
des Gesetzes ist für seine Volksthümlichkeit ein überaus wich-
tiger Faktor. Denn an den technischen Ausdrücken macht
sich das Volk das Recht verständlich, in ihnen verkörpern sich
für den Laien Recht und Rechtseinrichtungen. Darum hält der
Verkehr und das Volk auch ziemlich zähe an einmal geläufigen
und praktischen Ausdrücken fest. Es ist im Allgemeinen keines-
wegs erwünscht, wenn die gesetzgebenden Gewalten sich Zeit-
strömungen irgendwelcher Art allzuschnell anschliessen. In der
Frage der rechtlichen Kunstausdrücke erleben wir sogar das
seltene Schauspiel, dass der Gesetzgeber, dessen Aufgabe das
vorsichtige, feinfühlige Kodifiziren des in der Nation vorhan-
denen Rechtsgefühls sein soll, sprachlich der Zeit vorausschreitet,
die Bahnen des Verkehrslebens anticipiren will! Das war bisher
das Vorrecht der Dichter und Schriftsteller, der „Jungen“ und
„Jüngsten“ in der Litteratur, die sich um kein Verkehrsinteresse
zu kümmern brauchen.
Und in der That lehrt die praktische Erfahrung, dass das
Volk in der rechtlichen Terminologie einem ziemlich zähen Kon-
servativismus huldigt, so dass jetzt der praktische Verkehr hinter
der vorauseilenden Gesetzgebung in diesem Punkte zurückgeblieben