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ist. Wer jemals mit den breiteren Schichten des Volkes, soweit
sie mit der Rechtspflege häufigere Berührung haben, insbesondere
in ländlichen Bezirken und in kleinen Städten, amtlich zu thun
gehabt hat, wird diese Beobachtung bestätigt finden. Ausdrücke,
die längst vergangenen Abschnitten der Rechtsentwicklung an-
gehören, sind noch immer lebendig. Nur sehr langsam und sehr
wählerisch acceptirt die grosse Masse des Volkes neue technische
Ausdrücke an Stelle der althergebrachten. Eine andere Beobach-
tung macht man wieder in den Mittelpunkten des Verkehrs, in
den grossen Städten, in den Kreisen des Handels, der Industrie
und in den Kreisen der Rechtsanwälte. Hier herrschen unter
dem Einfluss der theoretischen Rechtswissenschaft, welche die
Anwälte den Interessenten gegenüber vermitteln, häufig technische
Ausdrücke vor, die der wissenschaftlichen Terminologie ent-
nommen sind. Dazu gehören z. B. Ausdrücke wie „der Exequende“,
„frustra excussus“, „der Subhastat“, „der Mandant“, sich „con-
tumaciren lassen“ und ähnliche, Sie entspringen ersichtlich dem
Bedürfniss nach bezeichnender Knappheit, nach Ausdrücken, die
ohne Doppelsinn bestimmte rechtliche Thatsachen, Dinge und
Personen charakterisiren, und für welche die deutsche Sprache
im Stich lässt.
Die Fülle der verschiedensten Erscheinungen, die unser viel-
gestaltiges modernes Kulturleben hervorgerufen hat, setzt oftmals
— nicht nur im Recht — die Sprachbildung in Verlegenheit. Es
ist absolut unmöglich, für Alles neue deutsche Worte zu finden,
und wenn wir die Bedürfnisse des Verkehrs recht verstehen, so
ist dies nicht einmal erwünscht. Dem Fremdwort haftet nun ein-
mal der Klang des Technischen, des Speziellen, des Charakte-
ristischen an, und nichts prägt sich so schnell ein, nichts gewinnt
so schnell. in den weitesten Schichten Boden, wie ein glücklich
gewählter fremdsprachlicher terminus technicus. Das zeigt unser
modernes Kulturleben überall. Wir wollen bier nur ohne jede
Auswahl eine Anzahl Worte hersetzen, die diese Thatsache be-