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kaiserlichen Verordnung vom 2. Nov. 1885 (Schiedsgerichts-
ordnung). Bei der persönlichen Ladung und anderenfalls, dafern
der Kläger bereits Rente bezieht, wird dem Kläger auf Wunsch
auch gewöhnlich ein Reisekostenvorschuss Seitens der Beklagten
gewährt. Nach meinen Erfahrungen, die vielleicht von manchem
Kollegen getheilt werden, pflegen nun die Kläger meist nicht
desswegen vor dem Schiedsgerichte nicht zu erscheinen, weil sie
von demselben zu entfernt wohnen, sondern desshalb, weil sie
entweder die Aussichtslosigkeit ihres Rechtsmittels bereits vor
der Verhandlung erkannt haben und sich daher die Reisekosten
sparen wollen, wenn sie nicht zum persönlichen Erscheinen vor-
geladen worden sind, oder aber weil sie nicht wissen, ob ihnen
die Reisekosten ersetzt werden; dabei war die Entfernung ihres
Aufenthaltsorts von dem Sitze des Schiedsgerichts gewöhnlich
ohne jeden Einfluss. Wurde dem Kläger die Erstattung der
Reisekosten in Aussicht gestellt, was bei persönlicher Ladung
immer geschieht, so sind sie fast ohne Ausnahme zur
Schiedsgerichtsverhandlung erschienen, ganz kürzlich erst ein
Kläger, der in der Nähe der holländischen Grenze, und ein
anderer, der in der Gegend von Thorn wohnt. Das Erscheinen
von Klägern aus Bayern und aus dem östlichsten Theile des
Königreichs Sachsen ist nichts Seltenes. Hieran würde durch
die örtlichen Schiedsgerichte wenig oder gar nichts geändert
werden; denn wenn der Kläger überhaupt kein Reisegeld hat
oder solches nicht bekommen kann, so hat er es ebensowenig für
eine kurze, wie für eine lange Reise.
Im Anschlusse hieran möchte ich mir die Frage gestatten,
warum denn nicht im Verordnungswege bestimmt werden könnte,
dass jede bei einem Schiedsgerichte eingehende Berufung unter
Abkürzung der Einlassungsfrist für die Beklagte der Regel nach
längstens etwa 4—6 Wochen nach ihrem Eingange verhandelt
werden muss. Dann würde doch die im zweiten Satze der Be-
gründung enthaltene Schwierigkeit ohne Weiteres behoben sein.
Auf die Kosten einer solchen unter Umständen nur eine kleine
Tagesordnung, vielleicht nur eine einzige Sache enthaltenden
Schiedsgerichtssitzung kann es doch für die betreffende Berufs-