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Kontinents gewisse gemeinsame Grundsätze und Grundbegriffe
hervorgebracht, auch für das internationale Privatrecht. Dann
aber setzt KAmnw eine sehr scharfe Brille auf; er sieht fast überall
nur die Differenzen, nicht die weit grösseren Uebereinstimmungen
in den grundlegenden Begriffen. Der Begriff des Wohnsitzes z. B.
ist allerdings nicht bis in die letzten Einzelheiten in allen Ländern
derselbe; im Grossen und Ganzen aber versteht man unter Wohn-
sitz dasselbe. Daher meine ich, mit dem Begriffe des Wohn-
sitzes als einem allgemein gültigen im internationalen Privatrechte
operiren zu dürfen, vorbehältlich der Korrektur für diejenigen
Fälle, wo eben die Differenzpunkte sich geltend machen. KAHN
verneint das?®. Der Begriff der beweglichen und bezw. unbeweg-
lichen Sache ist nicht in allen Rechten der Welt in allen und
jeden Beziehungen derselbe; folglich darf man nach KAnun mit
dem Begriffe der Beweglichkeit und bezw. Unbeweglichkeit einer
Sache im internationalen Privatrechte nicht operiren; folglich muss
ebenso wie für das Domizil auch hier die Lex fori entscheiden,
und so geht es weiter®®. Genau genommen’?! scheint es also kein
allgemeines internationales Privatrecht von irgend welcher Be-
deutung geben zu können.
2 Vgl. Kann’s Aufsatz: „Gesetzeskollisionen“ in den Jahrbüchern für
Dogmatik des heutigen... Privatrechts Bd. XXX (1891) bes. S. 76.
9 Jahrbücher Bd. XXX S. 90.
°! Zuweilen sieht übrigens die scharfe Brille allzu scharf und darum
falsch, So sagt Kaun (Jahrbücher Bd. XXX S. 115), der Konkurs sei in
Deutschland ein Vollstreckungsverfahren unter Dispositionsbeschränkung, in
England eine Universalsuccession. KAHN beruft sich dabei auf WıLLıams,
Jer den englischen Konkurs als Universalsuccession konstruire. Aber blosse
Juristische Konstruktionen der Schriftsteller können nicht massgebend sein,
sobald sie eben fehlerhaft sind. Und die Konstruktion des Konkurses als
eine Art Erbrecht ist eine fehlerhafte, unhaltbare, auch für das englische
Recht, übrigens ist sie ganz gleichgültig, sie beweist nicht, dass wir die ein-
zelnen Sätze des englischen Konkursrechts nicht mit denen des deutschen in
Beziehung setzen könnten. Vgl. übrigens WEsTLAxE, Private international law,
3. ed., S. 138 ff.