— 5l5 —
werden? Wenn die Eisenbahn möglich sein soll, so muss sie
unabhängig sein von dem guten Willen der Strasseneigenthümer.
Dazu ist nicht nothwendig, dass sie zwangsweise Eigenthümerin
des Strassenkörpers werde; sie muss nur darüber weggehen
können. Andererseits hat auch der Weg sein öffentliches
Interesse; er muss möglich bleiben oder ersetzt werden. Hier
kann nicht Recht gegen Recht abgewogen werden, sondern die
Weisheit der freien Verwaltungsmaassregel hat den rechten Aus-
gleich zu finden. So ergiebt sich unser Rechtsinstitut.
Es ist da, seitdem dass es Eisenbahnen giebt; es ist mit
ihnen entstanden. Die Natur der Sache hat ihm seine bestimmte
Gestalt gegeben; da diese überall im Wesentlichen die gleichen
Voraussetzungen findet — die allgemeinen Ideen des öffentlichen
Rechts sind unseren Kulturstaaten gemeinsam, und das Wesen
der Eisenbahnunternehmung, die da hineingestellt wird, ist überall
dasselbe — so ist auch die Ausprägung, die es gefunden hat, im
Wesentlichen überall die gleiche. Die Anlage der Eisenbahn
bedarf der Genehmigung durch die höchste staatliche Verwaltungs-
behörde, das Ministerium (Ministerium des Innern, des Handels,
der öffentlichen Arbeiten — die Abtheilung ist gleichgültig).
Diese Genehmigung wird in einem geordneten Verfahren ertheilt,
in welchem die verschiedenen Interessen, die da berührt werden,
zum Worte kommen. Und bei dieser Gelegenheit wird dann
auch bestimmt, was mit den öffentlichen Wegen geschehen soll,
über welche die geplante Eisenbahnanlage hinweg geht. Der
genehmigte Plan bildet die Grundlage des Enteignungsverfahrens
gegenüber dem privatrechtlichen Eigenthum, welches in die Linie
fällt. Diese Genehmigung ist aber zugleich unmittelbar maass-
gebend, was die betroffenen öffentlichen Wege anlangt. Sie
bindet selbstverständlich den Eisenbahnunternehmer — staat-
liche Verwaltung oder Privatgesellschaft — zu den Einrichtungen,
welche sie vorschreibt. Sie bindet aber auch den Herrn des
öffentlichen Weges, dass er sich diese Einrichtungen: Unter-