Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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nicht volksthümlich. Das erklärt sich aus geschichtlichen Er- 
innerungen, aus den Eindrücken der Zeit des Polizeistaates, wo 
die Gerichte noch der einzige Hort des Rechts waren und die 
Verwaltung als das Gebiet galt, wo es kein Recht giebt oder wo 
es wenigstens mit dem Recht nicht so genau genommen wird. 
Gegenüber der Verwaltung des Rechtsstaates sind diese Ab- 
neigungen nicht mehr am Platz. Sie ist rechtlich gebunden, und 
weil sie das ist, fehlt ihr jetzt auch die Möglichkeit, sich über 
gerichtliche Urtheile, welche Eingriffe in ihr Gebiet enthalten, 
mit der sonst so beliebten via facti hinwegzuhelfen. Sie bedarf 
eines Schutzes gegen Uebergriffe. Man sage nicht, dieser Schutz 
liege in der Amtspflicht und dem Gewissen des Richters selbst. 
Denn gerade hier wirken diese Schutzmittel erfahrungsgemäss 
nicht kräftig genug. Unsere Richter thun redlich und ehrlich 
ihr Bestes, um nur ja keinem Menschen Unrecht zuzufügen, und 
den Menschen stellen sie hier als wohlgeschulte Juristen auch 
die juristischen Personen gleich. Wo es sich aber lediglich um 
die Machtfrage gegenüber anderen Behörden handelt, tritt dieses 
menschliche, ethische Element stark zurück. Gilt dieses doch sogar 
gegenüber dem Reichsgericht als Revisionsinstanz: der faktische Er- 
wägungsgrund, der den juristischen Ausführungen vorsorglich hinzu- 
‘gefügt wird, obwohl man ihm eigentlich keinen besonderen Werth 
beilegt, ist sicherlich keine blosse Fabel. Gar der Verwaltungs- 
behörde gegenüber die eigene Zuständigkeit etwas auszudehnen, 
‚am das, was man für Recht hält, nicht ohne Schutz zu lassen, 
das geschieht mit dem besten Gewissen von der Welt. Es giebt 
4sebiete, auf welchen der Ausdehnungstrieb der Justiz schon sehr 
segensreich gewirkt und unter allgemeinem Beifall eine feste Ord- 
nung geschaffen hat. Aber es muss doch möglich sein, ihm eine 
gewisse Grenze zu stecken, und dazu bedarf es einer äusserlichen 
Ueberwachungseinrichtung. Die Franzosen, welche einen ganz 
‚ausgezeichneten Richterstand besitzen, haben bei allem Wechsel 
der Staatseinrichtungen nie den Kompetenzkonflikt entbehren zu 
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