Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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Es fehlen ihm die Mitgliedschaftsrechte, die den Gliedstaaten 
eigen sind; aber im Uebrigen vertritt es für seinen Theil des 
darin, dass das „Herrschaftssubjekt“ dieses Neben- oder Vassallenstaates der 
„Oberstaat“ selbst ist. Als solches wäre er also am Ende „von sich selbst 
abhängig“ (Rrum a. a. O. S. 168)? So scheint uns die Sache nicht zu liegen. 
Was abhängig ist vom „Oberstaat“ und Gegenstand seiner oberstaatlichen 
Herrschaft, das ist das Land Elsass-Lothringen; dass der Oberstaat die Aus- 
übung der zu diesem Land gehörigen Staatsgewalt in seiner Hand behält 
und die Träger dafür bestimmt und leitet, das ist die Form, in welcher die 
oberstaatliche Herrschaft zum Ausdruck kommt. Das Reich macht sich da- 
durch bei Leibe nicht zum Objekt seiner Obergewalt. Objekt ist in solchem 
Verhältniss immer nur das bier stark beeinträchtigte Subjekt der Unter- 
gewalt, das Reichsland. Resum meint (S. 167), es sind „Ansätze zu einer 
eigenen Staatspersönlichkeit auch in Elsass-Lothringen da“, namentlich 
„durch das Organ des Landesausschusses“. Wir möchten das lieber nennen: 
Ansätze zu einem Freiwerden der durch die Reichsgewalt erdrückten Persön- 
lichkeit Elsass-Lothringens, die von selbst Staatspersönlichkeit sein wird, 
sobald der Sequester ihrer Staatsgewalt sich löst. — Eine ganz eigenartige 
Formulirung gibt für diese abgeschwächte Staatspersönlichkeit Elsass-Loth- 
ringens LABann, Staatsrecht Bd. I S. 695ff.: Elsass-Lothringen ist ein Ver- 
waltungsbezirk des Reichs; es giebt aber einen elsass-lothringischen Landes- 
fiskus, d. h. Elsass-Lothringen ist kein „Staat als Subjekt von obrigkeitlichen 
Hobheitsrechten“, sondern nur ein „Staat als Subjekt von Vermögensrechten, 
d. h. als Fiskus“. Hänen, Staatsrecht S. 634, will diesen Fiskus sogar nur 
als eine Fiktion gelten lassen; von dieser sachlich ganz bedeutungslosen 
Variante können wir absehen. Die Mangelhaftigkeit Elsass-Lothringens so 
zu erklären, dass es ein Fiskus ist, aber kein Staat, hat den grossen Vortheil 
sich anzulehnen an einen wohlbekannten festen Rechtsbegriff. Denn was der 
Fiskus ist, dieser „gewöhnliche Privatmann“, der namentlich in der älteren 
preussischen Theorie neben den „eigentlichen Staat“ in so scharf ausgeprägten 
Wechselbeziehungen sich stellt, das weiss man. Aber es will uns doch 
dünken, in einer so ganz absonderlichen Rolle, wie er sie hier zu spielen hätte, 
wären wir ihm noch niemals begegnet. Der Fiskus als besondere juristische 
Person hatte nach polizeistaatlicher Auffassung den Staat zu ergänzen, indem 
er namentlich die vermögensrechtlichen Folgen aus dessen Thun auf sich 
nahm, für ihn, wie BORNHAK das einmal ausdrückt, als „Prügeljunge“ für die 
Civilgerichte diente. Immer muss das aber doch „sein“ Staat sein, der 
eigentliche Stgat für dasselbe Land und dasselbe Volk, für welches der 
Fiskus vermögensrechtlicher Staat ist. Ein Verhältniss, in welchem das 
Reich den Staat stellt und das Land Eisass-Lothringen den zugehörigen 
Fiskus, würde uns nöthigen, den altbekannten Fiskusbegriff völlig umzudenken.
	        
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