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anderen Resultaten gelangt wie Meyer. Dass die Frage erst
jetzt die besondere Aufmerksamkeit der Fachkreise erregt,
findet seine Erklärung darin, dass erst die Erwerbung von
Kiautschou die hier in Betracht kommenden Erwägungen wieder
in Fluss gebracht hat, nachdem sich bis dahin im Auswärtigen
Amte für unsere Kolonien eine Praxis ausgebildet hatte, welche
der von SELIGSOHN vertretenen Auffassung diametral ent-
gegengesetzt ist. Nun ist das Auswärtige Amt (Kolonial-
abtheilung) unter dem Reichskanzler wohl für die anderen
Schutzgebiete oberste Verwaltungsbehörde, nicht aber auch für
das in dem alten Kulturfestlande Asiens belegene Kiautschou.
Für dieses Gebiet ist an seine Stelle das Reichs- Marineamt®
getreten, und diese Reichsbehörde, an welche gewerbliche
Interessenten die Anfrage gerichtet haben, ob sie dort deut-
schen Patentschutz geniessen, hat im Gegensatze zu der
Uebung des. Auswärtigen Amtes auf diese Anfragen bejahend
geantwortet”. Damit scheint der Dualismus in der Behandlung
und der Verwaltung unserer Kolonien gegeben und die Kritik
darf einsetzen.
Dass der hier behandelte Gegenstand überhaupt die Eigen-
schaft einer Frage hat, ist der Fassung des bereits in Bezug ge-
nommenen & 2 des Gesetzes betr. die Rechtsverhältnisse der
deutschen Schutzgebiete vom 19. März 1888 (R.-G.-Bl. S. 75)
zuzuschreiben, welcher lautet: „Das bürgerliche Recht, das Straf-
recht, das gerichtliche Verfahren einschliesslich der Gerichts-
verfassung bestimmen sich für die Schutzgebiete nach den Vor-
schriften des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit vom
10. Juli 1879 — R.-G.-Bl. S. 179 —, welches, soweit nicht
5 Vgl. bezüglich $ 12 Patent-G. Meyer a. a. O. S. 102 die letzten drei
Zeilen und SeLissonn a. a. O. S. 140 Spalte 2 Abs. 2.
® Kaiserl. Verordnung vom 27. April 1898 8 7 R.-G.-Bl. S. 173.
° Vgl. Mittheilung in der Zeitschr. f. gewerbl. Rechtsschutz und Ur-
heberrecht 1899, S. 167.