Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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spruchen neben der für uns selbstverständlich werthvolleren Bearbeitung, 
welche der Gegenstand von EnGELMAnN in Marquardsen’s Handbuch gefunden 
hat. Es lehnt sich sehr viel an diese an; zumeist erscheint es nur wie eine 
nicht ungeschickte Abkürzung davon. Hie und da werden selbständige po- 
litische Betrachtungen eingeschoben. Doch werden auch aus eigener Sach- 
kenntniss manche Einzelheiten hinzugefügt, welche dazu dienen können, das 
Bild zu verdeutlichen. 0.M. 
Max Kulisch, Beiträge zum österreichischen Parlamentsrecht. 
(Band II Heft 2 der staats- und völkerrechtlichen Abhandlungen. 
Herausgegeben von Georg Jellinek und Georg Meyer.) Leipzig, 
Duncker & Humblot. X u. 246 S, 8°. M. 5.40. 
Nicht das ganze österreichische Parlamentsrecht will der Verf. behandeln, 
sondern nur „Beiträge“ dazu liefern, und zwar beschränkt er sich auf die 
Darstellung derjenigen Rechtssätze, die sich auf die Berufungsordnung des 
Reichsrats beziehen, schliesst von der Behandlung also aus einmal die 
Delegationen und die Landtage, dann aber auch alle jene Verfassungsbestim- 
mungen, die zwar den Reichsrat, nicht aber dessen Organisation zum Gegen- 
stand haben, d. h. die Lehre von der Kompetenz und diejenige von den 
Formen der Thätigkeit der beiden Häuser. 
Der zweiten und dritten, das Herren- und das Abgeordnetenhaus be- 
handelnden Abteilungen stellt er einen ersten, Einleitungsabschnitt „Die 
rechtliche Stellung der beiden Häuser des Reichsrates“ voran. Nachdem 
der Verf. treffend nachgewiesen, dass der Reichsrat weder Vertreter des 
Reichs, noch Vertreter des Volkes ist, und zwar jenes nicht, weil das 
Rechtssubjekt Reich durch den Kaiser vertreten wird, dieses nicht, weil das 
Volk kein Rechtssubjekt ist, wendet er sich gegen die Ansicht derjenigen 
Schriftstelier, die in dem Reichsrat als Einheit ein Staatsorgan erblicken, 
und stellt zum Nachweis der Organqualität jedes einzelnen Hauses eine 
originelle Dreiteilung auf: Nach dem Einfluss, den jedes Organ auf die 
staatliche Willensbildung ausübt, scheidet der Verf. in drei Gruppen. In 
die erste verweist er die Fälle, wo der Beschluss eines einzigen Organes eine 
staatsrechtliche Wirkung, produziert, — wenn z. B. eines der beiden Häuser 
einen Minister in Anklagezustand versetzt oder das Abgeordnetenhaus die 
Wahl eines Mitgliedes für gültig erklärt. Die zweite Kategorie ist die, wo 
beide Organe (Herren- und Abgeordnetenhaus zusammen) durch zwei getrennt 
gefasste, materiell übereinstimmende Beschlüsse eine Aenderung des staat- 
lichen Willens bewirken, — wie z. B. bei der Beschlussfassung über eine 
Notverordnung. Drei Organe endlich, d. h. die beiden Kammern und das 
souveräne Staatsorgan Kaiser, müssen materiell und formell übereinstimmen 
bei der in der Gesetzgebung zu Tage tretenden staatlichen Willensbildung.
	        
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