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sollen. Aber, meint er, das Patentgesetz sei ein einheitliches
Ganze, man müsse prüfen, „welchen Bestandtheilen des Gesetzes
das Uebergewicht zukomme und diese Theile dann für den
Charakter des Gesetzes den Ausschlag geben lassen“. Uns will
bedünken, dass der Begriff des „Uebergewichts“ in dieser logi-
schen Umgebung nur schwer verständlich ist. Offenbar hat SELIG-
soHN den Zweck des Patentgesetzes im Auge, wenn er zu der
Auffassung kommt, über die öffentlichrechtlichen Bedenken könne
man hinwegsehen. Aber gerade bei der Beantwortung der Frage
nach dem Zwecke des Gesetzes im Hinblick auf die Schutz-
gebiete liegt sofort die Gefahr nahe, einer petitio principii zu
verfallen. Denn SELIGSOHN bemerkt weiter: „Das Inland des
deutschen Patentgesetzes ist, wie wir aus seinen Vorschriften ent-
nehmen, ein Territorium, und zwar ein solches, welches dem
deutschen Gesetzgeber am Herzen liegt, dessen Territorium er
heben will.“ Nun ist es zwar zweifellos, dass die Schutzgebiete
dem deutschen Gesetzgeber „am Herzen liegen“, aber desshalb
braucht er noch keineswegs gesonnen zu sein, „deren Industrie zu
heben“. Denn hier sprechen wirthschaftliche Momente mit, bei
welchen der deutsche Gesetzgeber zunächst das Reichsgebiet
selbst im Auge behalten muss. Es wäre denkbar, dass sich in
Kiautschou eine die Krefelder Arbeit vernichtende Seidenindustrie
etablirte.e Wäre es auch nur erwünscht, diesen Vorgang durch
Geltenlassen von Patentrechten zu fördern? Liegen uns die
Schutzgebiete am Herzen, so liegt uns das Deutsche Reich noch
mehr am Herzen. Auf der anderen Seite ist es durchaus nicht
richtig, anzunehmen, dass eine junge Kolonie oder überhaupt jede
Kolonie durch Gewährung von Patentrechten in der Industrie
gehoben wird, und dass man durch solche Gewährung bekundet,
dass dem Gesetzgeber die Kolonie am Herzen liegt. Patent-
rechte sind nur auf einer hohen Stufe kultureller Entwicklung
unter ganz bestimmten wirthschaftlichen und technischen Be-
dingungen erspriesslich. Das späte Aufkommen der Patent-