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sind, um einen Zusammenhang zwischen Wohnsitz und Staats-
angehörigkeit nach Thunlichkeit wieder herzustellen und an der
Hand dieses Materials zu einem Urtheil darüber zu gelangen, auf
welchem Wege die Möglichkeit einer dem praktischen Bedürf-
nisse entsprechenden Lösung der Frage zu suchen ist.
Deutschland, Oesterreich-Ungarn, die Schweiz, Norwegen,
Rumänien, Serbien, Haiti (W. CıHn, Erwerbung und Verlust der
Staatsangehörigkeit, 2. Aufl. 8. 19 u. 20) und Japan (BöHm,
Zeitschrift für internationales Privat- u. Strafrecht Bd. IX S. 353,
CLuUNET, Journal du droit international prive, tome XX VI p. 735)
sind zur Zeit die einzigen Staaten, welche dem Geburtsort und
dem Wohnsitz jeden Einfluss auf den Erwerb der Staatsangehörig-
keit verweigern. Im Gegensatz zu diesen Staaten erkennen Däne-
mark und die südamerikanischen Freistaaten ausschliesslich die
im Inlande geborenen Kinder obne Rücksicht auf die Staats-
angehörigkeit der Eltern als ihre Angehörigen an (CAHn a. a. 0.
S. 19). Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich die Masse
der übrigen Gesetzgebungen, welche von dem Grundsatz aus-
gehen, dass die Staatsangehörigkeit durch die Abstammung von
einem Inländer erworben wird, diesen Grundsatz aber in mehr
oder minder ausgedehntem Maasse durchbrechen und neben der
Abstammung auch den Geburtsort und den Wohnsitz als An-
knüpfungspunkte für den Erwerb der Staatsangehörigkeit ver-
werthen. Wir lassen im Folgenden jene Gruppe von Gesetz-
gebungen ausser Betracht, welche den im Inlande geborenen
Kindern von Ausländern nur ein Recht der Option für die Staats-
angehörigkeit des Geburtslandes einräumen und wenden uns sofort
zu jener Gruppe von Staaten, in welchen ein im Inlande ge-
borenes Kind kraft Gesetzes die Staatsangehörigkeit des Geburts-
landes erwirbt, da nur mittels des durch derartige Bestimmungen
geübten Zwanges die Frage, wie die im Inlande ansässigen aus-