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Dass sich Bestimmungen über Erwerb und Verlust der
Staatsangehörigkeit, welche auf diesen Erwägungen beruhen,
grundsätzlich ergänzen müssten, Konflikte zwischen den Gesetz-
gebungen jener Staaten, welche sich von diesen Erwägungen
haben leiten lassen, grundsätzlich also ausgeschlossen sein müssten,
ist klar. Wenn trotzdem in der Praxis viele und schwere Kon-
flikte auch zwischen den Gesetzgebungen dieser Staaten bestehen,
so hat dies seinen Grund in der Hauptsache darin, dass die
Frage, wann eine Auswanderung, wann eine Einwanderung als
erfolgt anzusehen ist, und insbesondere, ob der Aufenthalt in
einem anderen als dem Heimathstaate schlechthin als. Wille, die
Staatsangehörigkeit in diesem Staate zu erwerben, erachtet
werden oder ob ein gegentheiliger, auf Wahrung der Staatsan-
gehörigkeit des Heimathstaates gerichteter Wille und folgeweise
ein Verzicht auf den Erwerb der Staatsangehörigkeit des Aufent-
haltsstaates rechtlich Beachtung finden soll, in den verschiedenen
Gesetzgebungen sehr verschieden beantwortet wird.
Die Folgen derartiger Kollisionen der verschiedenen Gesetz-
gebungen treten zunächst und am augenscheinlichsten auf dem
Gebiete des öffentlichen Rechts zu Tage, insbesondere wenn zwei
Staaten von einer Person die Erfüllung ihrer staatsbürgerlichen
Pflichten fordern oder die Person den Schutz des einen Staates,
dem sie angehört, gegenüber dem anderen in Anspruch nimmt.
Die bereits erwähnte Studie Bopmann’s enthält in dieser Rich-
tung wichtige und interessante Angaben und theilt zugleich die
Grundsätze mit, welche von den einzelnen Staaten in diesen
Kollisionsfällen befolgt werden.
Nicht ausser Acht gelassen werden dürfen aber auch die
Konflikte, welche der Besitz einer doppelten Staatsangehörigkeit
auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts zur Folge hat,
Konflikte, die um so häufiger werden, je mehr sich in der Gesetz-
gebung und in der Rechtsprechung die Ansicht Bahn bricht,
dass alle persönlichen, familien- und erbrechtlichen Rechtsver-