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der Begriff „Krieg“ stets nach Völkerrecht zu beurteilen und in
casu concreto zu verneinen sei.
Dann käme es für den Versuch, dennoch die Anwendbar-
keit des $ 44 R.-Mil.-G. und damit die Gültigkeit der in China
errichteten Soldatentestamente zu retten, zuvörderst darauf an,
die ratio legis dieser Norm zu prüfen.
Diese ratio legis dürfte dahin gehen, sämtliche kriege-
rischen Unternehmungen, in welche Deutschland — sei es offen-
siv, sei es defensiv, im Inlande oder Auslande — verwickelt
ist, als geeignete Voraussetzungen für Soldatentestamente zu be-
trachten. Es sind eben die besondere Lebensgefahr, welche den
Krieger umschwebt, und die erschwerte Anwendbarkeit der nor-
malen Testamentsförmlichkeiten für den Gesetzgeber die Veran-
lassung gewesen, Nebenförmlichkeiten leichterer Art zu schaffen.
Dies besagt schon der Ausdruck !” „in expeditionibus“, den die
römischen Rechtsquellen ? anwenden und von dem, sprachlich
wenigstens, trotz des fünfzehnhundertjährigen Zwischenraumes die
Brücke zu der „Strafexpedition® gegen die Boxer und zur
Entsendung des „ostasiatischen Expeditionskorps* geschlagen ist,
wenn wir folgende Quellenaussprüche als Stützpunkte betrachten '®:
Codex Maximilianaeus Bavaricus vom Jahre 1756
(in der Formulierung der KREITTMAYR’schen Anmerkungen)
Th. III Kap. IV S 4°°: „In Kriegszeiten und zwar während
der Kampagne und Kriegsexpedition“ ?';
Er kebrt mit der Fassung „in expeditione“ wieder in der unten
S. 126 Anm. 29 erwähnten Rormer’schen Rede a. a. O. S. 882.
18 Pr. Inst. de militari testamento II 11: „videlicet cum in expedi-
tionibus occupati sunt.*
1% Zur Geschichte des Soldatentestaments vgl. aus der Zeit nach Erlass
des Reichsmilitärgesetzes (vorher zuletzt noch FırrTına, Zur Geschichte des
Soldatentestaments, Halle 1866) namentlich die unten $S. 127 erwähnte
Dissertation von STEIDLE, sowie kurze Abrisse z. B. bei Manpry-Geis, Civil-
rechtl. Inhalt der Reichsgesetze (4. Aufl, Freiburg, Leipzig und Tübingen
1898) S. 618fl.
2° Vgl. auch die unten S.127 erwähnte Dissertation von STEIDLE S. 88.