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so hätte man auch sicherlich dem Soldatentestamente den wei-
testen Spielraum gewährt und es sogar höchstwahrscheinlich ge-
rade auf solche Fälle transmariner Konflikte mit rohen, heim-
tückischen Gegnern in wirtschaftlich minder kultivierten Gebieten
ausgedehnt, wo diese privilegierte Form um so angebrachter ist.
Spricht somit die ratio legis für eine erweiterte Auffassung
des Wortes „Kriegszeiten“, so ist allerdings dagegen der
Einwand zu erwarten, dass das Soldatentestament, wie $ 44 cit.
selber mehrfach sagt, sich als eine „privilegierte militärische
letztwillige Verfügung“ darstellt und dass Privilegien bekanntlich
strikt zu interpretieren sind. Dieser Grundsatz, dessen Trag-
weite übrigens nicht unbestritten ist ®, gilt nun sowohl für die
privilegia personarum wie für die privilegia causarum — unter
beide Rechtsinstitute lässt sich das Soldatentestament stellen —
und bezieht sich nicht bloss auf den materiellen Inhalt des Pri-
vilegs, sondern auch auf die materiellen Vorbedingungen seiner
Anwendbarkeit. Ebensowenig wie die Konkurs- und Zwangs-
vollstreckungsprivilegien Geltung haben, wenn ein Konkurs oder
eine Zwangsvollstreckung im technischen Sinne nicht vorliegt,
ebensowenig kann ein „Kriegstestament“ gültig abgefasst werden,
wenn kein „Krieg“ vorliegt, und diese thatsächliche Voraussetz-
ung des Privilegs wird man mithin auf ihr engstes Gebiet ein-
schränken müssen. — Aber, so erwidere ich, enthält denn die
von mir vertretene Auffassung der ratio legis im Grund eine
extensive Interpretation des Privilegs selber, also des subjektiven
Rechts, und nicht vielmehr eine erweiterte Auslegung der dem
Privileg zu Grunde liegenden Norm, also des objektiven Rechts?
Ist also hier nicht eigentlich ein Beispiel von Gesetzesanalogie
gegeben ?
Während uns für die Ermittelung des gesetzgeberischen
Willens die ganze Entwickelungsgeschichte des Soldatentestamentes
25 Vgl. Winpscheiw-Kıpp, Lehrbuch des Pandektenrechts, 8. Aufl.,
Frankfurt a. M. 1900, Bd. I S. 104.