— 137 —
sicherung, namentlich durch eine genauere Berücksichtigung des individuellen
oder des Klassenrisikos die Einrichtung der Versicherung noch verbesserungs-
fähig erscheinen könnte, R. Piloty.
Dr. Wenzel Frind, Das sprachliche und sprachlich-nationale Recht
in polyglotten Staaten und Ländern mit besonderer Rücksichtnahme
auf Oesterreich und Böhmen, vom sittlichen Standpunkte aus be-
leuchtet. Wien, Manz, 1899. XV u. 392 S. gr. 8°. K.4.
Wie schon der Titel andeutet, handelt es sich hier nicht um eine ju-
ristische, sondern um eine moralistische, naturrechtliche Abhandlung.
„Es sollen aus den Prinzipien des Sittengesetzes jene Gesichtspunkte heraus-
gegriffen werden, welche bei der Abmessung der Grenzen des Sprachen- und
Nationalitätenrechtes von Belang sind.“ Unter Sprachenrecht versteht
der Verf. aber diejenigen Rechtsbeziehungen, welche sich aus der Eigenschaft
der Sprache als Gebrauchs(Zweck)gut ergeben, im Gegensatze zum sprach-
lich-nationalen Rechte, welches die Sprache als Affektgut zum Gegen-
stande hat. Für die Regelung des Sprachenrechtes hat im Allgemeinen der
Gebrauchswerth der Sprache den obersten Grundsatz zu bilden, während der
Affektwerth nur in sprachlich gemischten Gegenden zur Geltung kommen
kann. Den sittlichen Maassstab des sprachlichen und sprachlich-nationalen
Rechtes bildet die Gerechtigkeit, welche, der Eintheilung der Moralisten
entsprechend, nach ihren drei Richtungen, als kommutative im sprachlichen
Verkehre der Einzelnen unter einander, als legale im Verhältnisse zum Staate,
endlich als distributive, bei Vertheilung der sprachlichen Lasten und Be-
günstigungen, zur Geltung zu kommen hat. Nach diesen drei Richtungen
untersucht nun der Verf. zunächst die sprachlichen Rechte und Pflichten im
Allgemeinen, wobei er das Prinzip der Territorialität der Sprache, jedoch
unter Ausschluss jeder Revindikation ehemals gleichsprachiger Gebiete, ver-
tritt. Der ungleiche Gebrauchswerth der Sprachen, der in der verschiedenen
Verbreitung und kulturellen Bedeutung derselben zum Vorscheine kommt,
kann in gemischtsprachigen Ländern, unbeschadet der subjektiven Gleich-
werthung der Sprachen, zur Ausübung eines Zwanges zur Erlernung
einer fremden Sprache führen, welcher dann sittlich gerechtfertigt werden
kann, wenn er sich innerhalb der Grenzen des Gebrauchswerthes hält und
diesen nicht dem Affektwerthe opfert. — Ein derart beschränkter Sprachen-
zwang ist auch mit dem Grundsatze sprachlicher Gleichberechtigung,
wie er im Art. XIX des österr. Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen
Rechte der Staatsbürger zum Ausdrucke kommt, vereinbar. Nur wenn die
obigen Gesichtspunkte den allgemeinen Prinzipien dieses Artikels zu Grunde
gelegt werden, kann derselbe zum lebenden Rechte und zur Quelle der Stär-
kung des Staatswesens werden, während eine wörtlich-mechanische Inter-