Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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pretation zu Streit und Zerwürfniss führen muss. Von diesem sittlichen 
Standpunkte aus werden die Sprachennormen in Oesterreich, speziell die 
nunmehr aufgehobenen Verordnungen aus den Jahren 1897 und 1898 geprüft 
und zum Schlusse die neutrale Stellung der Kirche im Sprachenstreite, die 
bei ihrer internationalen Aufgabe hier weder Richter noch Partei ist, erörtert. 
Fragen wir nach dem praktischen Werthe der Frmp’schen Arbeit, 
welche trotz mancher Breite und namentlich in den ersten Abschnitten (Vor- 
fragen, Abhandlung über die Gerechtigkeit) nicht immer präzisen Abgrenzung 
zwischen Moral und Recht, mit grosser Gewissenhaftigkeit und unleugbarem 
Sachverständnisse durchgeführt ist, so war es gewiss eine dankenswerthe 
Aufgabe, die Sprachenfrage, welche schon wiederholt vom politischen und 
auch vom juristischen Standpunkte erörtert wurde, auch vom sittlichen Stand- 
punkte zu beleuchten. Ladet doch Art. XIX der österr. Grundrechte mit 
seiner unjuristischen Fassung und seinem naturrechtlichen Gepräge zu einer 
derartigen Prüfung besonders ein. Allerdings wohl nur scheinbar; denn 
zwischen den weiten Maschen allgemeiner Grundsätze hat sich hier im Laufe 
der politischen Entwicklung in den letzten Jahrzehnten durch zahlreiche 
Normen und durch die Judikatur eine Füllung gebildet, welche die Frage 
der sprachlichen Gleichberechtigung aus dem Gebiete spekulativer Krörte- 
rung längstens auf dasjenige des Rechtes und der praktischen Politik versetzt 
hat. Hinter dem Streite um ein philosophisches Prinzip birgt sich der grosse 
politische Kampf zwischen Centralismus auf deutscher Grundlage 
und zwischen dem durch die Entwicklung der vortheresianischen Zeit be- 
günstigten Föderalismus der nichtdeutschen Volksstämme Oesterreichs. 
Und so wird auf dem Gebiete der Sprachenfrage noch geraume Zeit hin- 
durch der Jurist und Moralphilosoph hinter dem Staatsmanne zurückstehen 
müssen; erst wenn es diesem gelingen sollte, einen Ausgleich der entgegen- 
stehenden Interessen zu finden,. wird der Gesetzgeber mit einiger Aussicht 
auf Erfolg in der Lage sein, auf dem Gebiete des Sprachenwesens „den Zu- 
sammenhang des positiven Rechtes mit den sittlichen Grundlagen zu berück- 
sichtigen“, welcher Aufgabe das vorliegende Werk vorarbeitet. 
Wien. Dr. v. Herrnritt, 
A. Rhamın, Landsyndikus, Die Verfassungsgesetze des Herzogtums 
Braunschweig. Braunschweig, Friedrich Vieweg & Sohn, 1900. 
VIII u. 3356 S. gr. 8°. M.5.—. 
Bisher fehlte eine übersichtliche Bearbeitung der braunschweigischen 
Verfassungsgesetze, und dieser Mangel war um so fühlbarer, als im Laufe 
der Zeit das Landesgrundgesetz und die damit zusammenhängenden Bestim- 
mungen zahlreichen Abänderungen unterzogen sind. Der seit bald zwei Jahr- 
zehnten durch seine amtliche Stellung hervorragend zu einer derartigen Auf- 
gabe berufene Verf. hat sich das Verdienst erworben, ein sehr brauchbares,
	        
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